Senat im Kessel

Der Innenausschuß zum Journalistenkessel  ■ K O M M E N T A R

Während Polizei- und Sicherheitsorgane aufgrund der CDU/FDP -Mehrheit kaum noch parlamentarisch zu kontrollieren sind, ist Öffentlichkeit notwendiger denn je. Genau die wird zwar nicht als so wichtig erachtet, dennoch mußte man nun über diesen „Kleinkram“ stolpern. Wie auch immer man die Form eines polizeilichen Kessels interpretieren mag: Innensenator Kewenig und mit ihm der gesamte Senat saßen selten so in der Klemme wie jetzt. Den Wackersdorf-Einsatz der Berliner Ordnungskräfte, die Peinlichkeiten der letzten Kreuzberger Krawalle (Polizei prügelt Polizei), haben sie noch glimpflich überstanden. Es war nichts grundsätzlich Neues, was im Innenausschuß verhandelt wurde. Dennoch hat die Auseinandersetzung eine neue Qualität bekommen. Die hier übliche Arroganz der Macht blieb nicht mehr im Berliner Sumpf stecken, sondern wurde quasi vor den Augen der Weltöffentlichkeit vorexerziert, so daß sich selbst das US -amerikanische Parlament damit beschäftigen wird. Nicht die angeblichen Chaoten, die diese Stadt nach den blumigen Ausführungen des Senats in Flammen aufgehen lassen wollen, stehen zur Diskussion, sondern der „Fall Berlin“, wo demokratische Grundrechte zur Nebensache erklärt und ansonsten verkündet wird: „Keine besonderen Vorkommnisse“. Im politischen Kessel stecken nicht die Journalisten, sondern der Innensenator. Und nicht nur er. Denn was sich jetzt ereignete, ist kein „Fall Kewenig“, auch wenn er bei der nächsten Senatsaufstellung fallen gelassen werden sollte. Der Regierende kann seinen Innensenator nicht nach Belieben mit den Grundrechten umspringen lassen und sich dann mit abmildernden Worten aus der Affäre ziehen. Der Fall Berlin ist Chefsache. (Siehe auch Seite 4.)

Birgit Meding