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Neuer Rekord an Wahlenthaltung in Frankreich

■ Stimmenzuwachs der Sozialisten bei den Kantonalwahlen bleibt folgenlos / Mehrheitswahlrecht sichert Konservativen zwei Drittel der Generalräte / Wegen der geringen Wahlbeteiligung stellen rechte Politiker das geplante Referendum über Neukaledonien in Frage

Berlin (afp/dpa/taz) - Nach sechs Wahlgängen in fünf Monaten ist es mit der Geduld der Franzosen offensichtlich vorbei: Mit einem neuen Nachkriegsrekord an Stimmenthaltungen sind am Sonntag in Frankreich die Kantonalwahlen zu Ende gegangen. Nur 52,91 Prozent der wahlberechtigten Franzosen gaben ein Votum ab. Das Ergebnis brachte keine entscheidenden Veränderungen im politischen Kräfteverhältnis auf regionaler Ebene.

Zwar konnten die Sozialisten mit 37,2 Prozent einen beachtlichen Stimmzuwachs gegenüber dem ersten Durchgang (29,9Prozent) und den schweren Verlusten von 1985 (26 Prozent) verbuchen. Das geltende Mehrheitswahlrecht führte jedoch dazu, daß die Parteien der rechten Mitte mit 48,67 Prozent der Stimmen nach wie vor die Mehrheit in zwei Dritteln der Generalräte behielten. In dieser „Diskrepanz“ sah der sozialistische Innenminister Pierre Joxe erneut einen Anlaß, seine bereits mehrfach geäußerte Forderung nach einer Änderung des geltenden Mehrheitswahlrechts zu fordern. Sie führe zu „Verzerrungen“ des Wählerwillens, so der Innenminister. Die Sozialisten hätten zusammen mit den Kommunisten und der Unabhängigen Linken 51,2 Prozent der Stimmen erhalten, es gäbe jedoch nur in einem Drittel der Parlamente eine linke Mehrheit.

Die rechtsextreme Nationale Front (FN) verfehlte ihr Ziel, auf regionaler Ebene mehr Einfluß zu erlangen. Sie kam nur auf 0,42Prozent der Stimmen und behauptete damit lediglich ihr bisher einziges Mandat. Nur geringe Erfolge erzielten auch Frankreichs Grüne, die mit 0,11 Prozent ebenfalls nur einen Sitz erhielten. Die katastrophal niedrige Wahlbeteiligung veranlaßte mehrere Politiker der konservativen Rechtsopposition, das für den 6.November geplante Referendum über die politische Zukunft des Überseegebietes Neukaledonien in Frage zu stellen. Eine zu geringe Wahlbeteiligung sei zu erwarten, äußerten die Gegner des Referendums und forderten Premierminister Michel Rocard auf, zu überprüfen, ob es nicht eine „bessere“ Lösung für das Überseegebiet gäbe.

Das erfolgreiche Abschneiden der Sozialisten bei den Kantonalwahlen hat nur begrenzte Aussagekraft als Test für die Regierung von Pemierminister Michel Rocard, da der Wahlkampf weitgehend auf lokale Themen beschränkt war. Anders wird das bei dem unter Rocard ausgehandelten Referendum zu Neukaledonien sein: Hier wird die persönliche Autorität des Premiers und seine überseepolitik auf dem Spiel stehen.

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