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„Wir wollen was gegen die Linken tun“

Skins aus der DDR über ihre Motive: gegen den Staat, gegen die „Kanaken“ und gegen die „Geschichtsfälschung“, die die „Deutschen richtig zur Sau“ machen  ■ I N T E R V I E W

taz: Gibt es Skins in der DDR?

Willi: In Ost-Berlin und in der DDR gibt es viele Skins. Das hat sich in den letzten Jahren durchgesetzt, weil viele mit der Regierung nicht einverstanden sind. Die meisten davon sind sehr rechtsradikal eingestellt.

Wie viele seid ihr ungefähr?

Dodo: Ich schätze 400 bis 450 in Ost-Berlin und in der DDR so 2- bis 3.000.

Welche Ziele habt ihr?

Dodo: Was für ein Ziel jeder einzelne hat, weiß ich nicht. Aber es sind keine Faschisten oder Neonazis, sondern sie sind stolz darauf, Deutsche zu sein ...

Aber eigentlich gelten die Skins doch als Neonazis?

Dodo: Bei uns ist es nicht so. Das sind Ausnahmen. Ich bin kein Neonazi, ich bin nur Deutscher. Weil sie keine Skins haben wollen, sagen sie „Faschisten“, und die meisten Leute können Faschisten nicht leiden ... So läuft das.

Hans: Es gibt Leute, die wirkliche Neonazis sind. Die wirklich den Staat, den einzigen deutschen Staat wiederhaben wollen. Ich will keinen neuen Hitler oder sowat, will ich nich‘. Es gibt welche, die ausrasten. Aber das ist doch nicht das Gros der Leute.

Was sagt ihr zu den Zielen?

Willi: Wir sind sehr auf Gewalt aus. Wir wollen wat gegen die ganzen Linken tun. Uns kotzt es hier an, in diesem Scheißstaat. Ich meine, viel können wir nicht machen, aber wir treten ein für ein vereinigtes Deutschland im Grobziel jetzt. Und daß die ganzen Kanaken hier raus sind.

Jochen: Bei den Skins sind viele dabei, die nur auf dem Mode-Trip sind. Dann gibt's 'ne Gruppe, die, wie gesagt, erst mal nur national gesinnt ist. Und dann eine ganze Gruppe, die ist wirklich total rechts. Die wären auch zu anderen Aktionen bereit, irgendwelche Schandmäuler kaputtzuhauen, Anschläge zu machen oder so. Aber dazu fehlt uns eine richtige Organisation, und vor allem ist ja auch die Angst da, von irgendwelchen Leuten verraten zu werden. Ansonsten wäre bestimmt auch mit irgendwelchen Anschlägen auf Leute zu rechnen.

Welche Schandmäuler meinst du?

Jochen: Na ja, Samariterstraße, da ist gerade so 'ne Ausstellung, und irgendwelche Plakate sind da. Da ist die totale Geschichtsfälschung drauf. Na ja, daß die Russen uns befreit haben und daß die als totale Helden dargestellt werden. Ist überhaupt gar nicht wahr. Da werden die Deutschen richtig zur Sau gemacht. Ich begreife mich auch weniger als Skinhead, sondern als Faschist. Wenn mir was vorschwebt ... ein Deutschland ... muß nicht gerade eine rechtsradikale Regierung sein, aber schon eine Regierung, die auf dem nationalen Kurs ist. Auf kei nen Fall auf Kommunistenkurs. Welche Vorbilder habt ihr?

Jochen: FAP zum Beispiel, oder Kühnen. Ja, ich würde sagen, Kühnen. Der hat nun auch schon Bekanntschaft gemacht mit dem Knast. Ich würde sagen: Der steht zu der Sache. Was der sagt, nehme ich ihm auch vollkommen ab. Wir kennen auch viele von drüben, gerade Borussenfront und so. Wir stehen auch in Verbindung mit denen vom Endsieg. Ja, und wie man hört, wollten auch ein paar linke Schweine den Kühnen im Knast fertigmachen. Aber wer sich da halt durchbeißt, vier Jahre im Knast sitzen und durchbeißen, als Rechter, der muß schon was draufhaben. Und deshalb ist er ein Vorbild für uns, der Kühnen.

Willi: Na, SS-Siggi von der Borussenfront in Dortmund. Weil der auch in Dortmund was direkt gegen die Ausländer tut.

Vorher hast du gesagt, rechts zu sein sei eine nationale Aufgabe in der DDR. Was heißt das denn?

Lu: Rechts-Sein ist erst mal konsequentes Eintreten gegen diese Regierung. Gegen diese totalen Phrasenschreier. Wir wollen nicht mit diesen Jugendlichen gleichgesetzt werden, die immer nur Ja sagen. Ich meine, es wird hier einem immer so vorgegaukelt, daß die Jugend hier immer so hinter allem steht. Aber das sind normalerweise totale Laschis, die bloß ihren Mund halten.

Findest du Hitler gut?

Lu: Ich würde sagen: 20 Prozent von den Skins, die würden Hitler gut finden. Es gibt natürlich noch andere, die andere Vorbilder haben aus der NS-Zeit. Heydrich oder so was. Ich kann nur sagen: Hitler war ein Versager. Ich würde sagen, Heydrich, der in Prag hingerichtet wurde, war ein Vorbild. Weil's ein Mann war, der immer zu seinem Wort gestanden hat. Der Mut hat.

Habt ihr Beziehungen zu West-Skins?

Hans: Es gibt genügend Leute, die welche von drüben kennen. Die kommen rüber, bringen Klamotten mit, da wird untereinander ausgetauscht.

Wie oft trefft ihr euch?

Micha: Jetzt ist nichts mehr. Früher war das einmal die Woche so. Da kamen welche. Die haben wir kennengelernt auf dem Alex oder so.

Willi: Wir haben gute Verbindungen zu den West-Skins. Weil viele, die jetzt drüben sind, waren ehemalige Skins von hier und sind jetzt entweder bei Endsieg oder bei der Borussenfront in Dortmund. Und denen schreibt man eben, und dann schicken die einem die Klamotten. Oder man schickt Oma rüber.

Wie bist du denn zu den Skins gekommen?

Micha: Durch Erziehung, von meinen Eltern. Und dann auch eben, weil ich mit den Leuten aufgewachsen bin.

Und was fandest du daran gut?

Micha: Das ganze Aussehen, wie sie ihre Meinung vertreten haben, eigentlich alles. Die Bomberjacken, BW-Stiefel, Jeans, die Schnürstiefel und so. Und das Zusammensein mit denen, der Zusammenhalt mit den Leuten. Daß selten einer den anderen anscheißt.

Willi: Ich bin zu den Skins gekommen, weil ich 'ne Menge Ärger hatte mit Ausländern. Ich war der Meinung, daß es so nicht mehr weitergehen kann. Machen einen Affen hier, wenn sie rüberkommen, mit ihren Leihwagen, und drüben sind sie die letzten. Außerdem: Ab und zu bin ich auch für ein bißchen Gewalt, und das kann man sehr gut praktizieren mit den ganzen Kameraden. Wenn's irgendwo Ärger gibt, sind alle da, und dann knallt es. Kennengelernt habe ich die Skins durch einen Kumpel. Der war früher Punk gewesen und ist jetzt auch Skin. Wir sind dann auch zum Fußball gefahren, und nach einem viertel Jahr kannte ich alle.

Fußballspiele sind also ein Treffpunkt für euch?

Willi: Direkt zum Fußball fahre ich eben, um Gewalt und Randale zu machen. Besonders auf Sachsen sind wir heiß. Weil die immer einen schönen Affen machen.

Das Gespräch führte Susanne Mangoldt

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