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Atomschiff rammt Greenpeace-Boot

Atommüll in Emden verladen und auf dem Weg in schwedisches Zwischenlager / Ein Greenpeace-Mitarbeiter wurde am Kopf verletzt / Das niedersächsische Umweltministerium war nicht informiert  ■  Von Holger Bruns-Kösters

Bremen (taz) - Der schwedische Atommüllfrachter „Sigyn“ hat am Donnerstag morgen um acht Uhr den Hafen von Emden mit 24 abgebrannten Brennelementen aus dem stillgelegten Atomkraftwerk Kahl bei Hanau verlassen. Vorausgegangen waren der Verschiffung gezielte Falschinformation der Öffentlichkeit, Brutalität gegenüber über Greenpeace -Aktivisten und ein eklatanter Rechtsbruch.

Um zwei Uhr und zehn Minuten hatte die Sigyn den Emder Außenhafen erreicht und wollte in den Hafen einfahren. Doch eine halbe Stunde zuvor war ein Schwimmbagger aus bislang unbekannter Ursache gesunken. Die Einfahrt war versperrt. Daraufhin wurde das Schiff umdirigiert und nahm Kurs auf einen Anleger im Emdener Außenhafen.

Greenpeace-Aktivisten versuchten, das Schiff mit vier kleinen Schlauchbooten an der Weiterfahrt zu hindern. „Bitte respektieren Sie unsere Leben. Hier sind Menschen an Bord“, funkte Greenpeace-Sprecher Gerd Lepold an die Sigyn. Doch der Kapitän dachte nicht daran, Rücksicht zu nehmen. Die 90 Meter lange Sigyn nahm Kurs auf die Schlauchboot-Kette. Zwei Mitarbeiter von Greenpeace konnten sich nur durch einen Sprung ins Wasser retten, einer wurde dabei am Kopf verletzt.

Der Bahntransport aus Kahl in Nordbayern war am Mittwoch gegen 22 Uhr in Emden eingetroffen, nachdem die Bundesbahn, das Innenministerium und der mit der Verschiffung beauftragte Hafenbetrieb am Vortag gezielt desinformiert und Wilhelmshaven als Verschiffungsort ins Gespräch gebracht hatten. Für die 350 Demonstranten, die auf den Transport warteten, war es bereits die zweite Nacht im Emdener Hafen, nachdem sie den Transport schon in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch erwartet hatten. 600 Polizisten aus ganz Niedersachsen waren zusammengezogen worden, um die Atomfracht im Hafen zu bewachen. Der Versuch von Demonstranten, den Zug zu blockieren, war damit von vornherein zum Scheitern verurteilt. Der Polizeibericht spricht von keinen besonderen Vorkommnissen. Das Umladen von Bundesbahnwaggons im Außenhafen fand dann unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt. Die Bundesbahn hat das niedersächsiche Umweltministerium nicht über den Transport informiert, obwohl Atomgesetz und Transportgenehmigung vorschreiben, daß solche Transporte beim Umweltministerium 48 Stunden zuvor anzumelden sind. Das bestätigte gestern ein Sprecher des Ministeriums. Erst nachdem der Grüne Landtagsabgeordnete Hannes Kempmann das Umweltministerium informiert hatte, wurden zwei Mitarbeiter mit Strahlenmeßgeräten nach Emden geschickt. Einzige Konsequenz des Umweltministeriums: In einem Schreiben an die Physikalisch-Technische Bundesanstalt und die Deutsche Bundesbahn soll noch einmal auf die Gesetzeslage hingewiesen werden.

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