: Frau Senatorin goes West
■ Für CDU- und FDP-Politiker ist Berlin oft ein Durchlauferhitzer / Schmalz-Jacobsen folgte dem Ruf des Grafen / Nur Kewenig will keiner
„Berlin tut gut“ mag sich die neugewählte FDP -Generalsekretärin Cornelia Schmalz-Jacobsen nach ihrem rauschenden Wahlerfolg auf dem FDP-Parteitag gedacht haben. Wem Berlin einmal gutgetan hat, der oder die überlegt sich dann offensichtlich als nächstes, daß nur ein „Nichts wie weg“ auf Dauer karrierestabilisierende Wirkung hat. Anstatt sich auf eine unsichere politische Karriere in ihrer Geburtsstadt Berlin zu verlassen, entschied sich der München -Re-Import Schmalz-Jacobsen nun für eine Parteilaufbahn. Wenn sie nach einer Legislaturperiode die Stadt verläßt, hat sie immerhin mehr Jahre im Berliner Senat verbracht, als manche andere Politiker.
Senatskollege und Senkrechtstarter Scholz, ebenfalls Berliner, meinte bereits nach drei Jahren, in Bonn Karriere machen zu können. Wohlwissend, daß Berlin Schleudersitz oder Startloch zugleich sein kann, hatte der Neu-CDUler von Anfang an dafür gesorgt, daß er immer mindestens ein Bein im Bundesgebiet hatte. Die Stadt als Durchlauferhitzer und Einbahnstraße brachte immerhin sogar einen Bundespräsidenten hervor, der nach nur drei Jahren als Regierender Bürgermeister das Weite und Würdigere suchte.
Und wenn man in der CDU schon nicht wirklich danach strebt, im Bundesgebiet Fuß zu fassen, so trägt bundespolitisches Engagement doch ganz erheblich dazu bei, sein Prestige in Berlin zu verbessern. Sozialsenator Ulf Fink, Vorsitzender der Christdemokratischen Arbeitsgemeinschaft, so meldet die Gerüchteküche, strebt nach den Wahlen ein Senatsamt an, das ihm mehr Einfluß und Macht verleiht.
Nur die Berliner SPD tut sich nach Glotz und Vogel schwer mit dem Export ins Bundesgebiet. Dem potentiellen Import hat sie schon längst nichts mehr zu bieten. „Wir von der Spree“ als unfreiwillige Selbstbeschränkung, der man den Anstrich einer gewollten Berlin-Treue zu geben bemüht ist. Daß mit Parteisoldaten kein Staat zu machen ist, sitzt der SPD nach Vogel und Apel noch zu sehr in den Knochen.
„Berlin tut gut“, wagen die Berliner Genossen schon lange nicht mehr zu verbreiten, wenn es darum geht, profilierte Leute zu finden und zu halten. Aber auch die FDP mußte an diesem Wochenende feststellen, daß es eine Berlin-Zulage nur für die gibt, die Berliner Stallgeruch in dezenten Noten an sich tragen: Walter Rasch konnte sich genausowenig als Beisitzer im Landesvorstand durchsetzen wie es den jetzigen Spitzenkandidaten aller Parteien gelingen wird, sich für die Bundesebene zu empfehlen.
RiHe
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