QUERSPALTE: Bumm Bumm Bonn
■ Minister Zimmermann wünscht sich bewaffnete Politiker
Welch ein Glück, daß noch in der Vorwoche die Parlaments –Sammellieferung von Heckler und Koch im Deutschen Bundestag eingetroffen war. So hatte auch Fraktionschef Alfred Dregger seine schwere 45er lässig an der Hüfte baumeln, als er an diesem nebligen Oktobermorgen das Bundeshaus betreten wollte. Eine Horde zu allem entschlossener RAF-Fanatiker huschte aus dem Gebüsch und versuchte ihn mit entsicherten Waffen zu umringen. Doch Dregger war schneller. Die exakt einstudierten Bewegungen des Crash-Kurses auf der Hardthöhe noch verinnerlicht feuerte er einmal, zweimal, dreimal, und schon hatte er die Störenfriede von der RAF dahingerafft, pustete kurz den Pulverdampf vom Rohr und ging seiner politischen Arbeit nach.
So könnte es demnächst in Bonn zugehen, wenn Friedrich Zimmermanns neuester Wunsch Wirklichkeit wird. Der CSU –Innenminister forderte gestern, daß gefährdete Politiker schießen lernen, einen Waffenschein machen und bewaffnet ihrem Wählerauftrag nachgehen sollten. Allein schon die „abschreckende Wirkung“ biete, so Zimmermann, einen gewissen Schutz gegen Attentäter. Aber wenn es drauf ankäme, müsse eben auch in Selbsthilfe losgeballert werden. Zimmermann ist sein eigenes Vorbild: „Ich bin auch ganz gut im Schießen.“
Freuen wir uns also auf Wildwest im Bonner Langeweile –Ghetto. Lambsdorff bekommt eine Bleispritze nach Agentenart in die Gehhilfe gebastelt, Wallmann läßt bei Bonner Besuchen die Startbahn-Power-Sig sauer lässig um den Zeigefinger kreisen, und Petra Kelly hat die kleine Derringer in der Handtasche immer griffbereit, nachdem sich die Grüne Fraktion mit einem Antrag auf umweltverträgliche, bleifreie Jute-Kugeln nicht hatte durchsetzen können. Doch hoffentlich geht Zimmermanns Schuß nicht nach hinten los. Jüngste Ereignisse gebieten eine gewisse Vorsicht. Denn die Schießlust des Franz Josef Strauß ist ihm schließlich, auch wenn er nur probehalber auf Hirschjagd ins Regensburger Gehölz zog, zumindest indirekt zum Schicksal geworden.
Bernd Müllender
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