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Zauber

Ich habe am Kino immer eine Eigenschaft bemerkt, die etwas mit der geheimen Bewegung der Bilder und ihrer Materie zu tun hat. Es gibt im Film ein Großteil an Unvorhersehbarem und Geheimnisvollem, das man in den anderen Künsten nicht findet. Jedes Bild, selbst das trockenste, banalste, gelangt verändert auf die Leinwand. Das geringste Detail, der unbedeutendste Gegenstand erlangt einen Sinn und nimmt ganz eigenes Leben an; und dies außerhalb des Bewertungswerts der Bilder, außerhalb des Gedankens, den sie übersetzen, des Symbols, das sie darstellen. Ein Laubwerk, eine Flasche, eine Hand usw. leben ein gleichsam animalisches Leben, das nur danach verlangt, als solches verwandt zu werden. Aber dieses geheime Leben, man muß es erahnen können. Es gibt weit Besseres als das Spiel mit Doppelbelichtungen, um die Geheimnisse in Erfahrung zu bringen, die sich auf dem Grund des Bewußtseins regen. Das unbearbeitete Kind, das Kino, so wie es ist, als Abstraktum, setzt etwas von der Trance -Atmosphäre frei, die bestimmten Offenbarungen in höchstem Maße förderlich ist.(Antoine Artaud im Katalog des Festival du film maudit).

Artauds Filmdebut in Fait divers, 1924

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