piwik no script img

Aus den Niederungen der Hochschule

■ Heute: Schinken und Gürkchen

Der Gipfel müssen die kalten Würstchen gewesen sein. Die seien richtig eklig gewesen, beschwerte sich hinter vorgehaltener Hand einer der geladenen Gäste des großen Abschlußempfangs. Berlin hatte (vom 3. bis 6. Oktober) die Ehre gehabt, Schauplatz des 36.Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Psychologie zu sein. Psychologen aus der Bundesrepublik, Österreich, der Schweiz und Gäste aus aller Welt waren angereist.

Wissenschaftlicher Kongreß nennt sich eine solche Veranstaltung, die aber doch zuvörderst ein gesellschaftliches Ereignis ist, weshalb sich die jeweils gastgebenden Städte üblicherweise auch nicht lumpen lassen und für einen netten Abschlußempfang zu sorgen pflegen. Offenbar erschöpft und geschröpft durch die IWF-Völlerei, scheint Berlin, respektive der Senat, diesmal vergessen zu haben, was sich gehört. Niveaulos bis skandalös empfanden geladene Gäste den Senatsempfang zum Kongreßausklang.

Es fing schon damit an, daß nur ein kleiner Teil der Kongreßteilnehmer das „Vergnügen“ hatte, dem Ereignis beiwohnen zu dürfen. Wien, so erinnerte man sich, hatte vor vier Jahren noch den ganzen Kongreß willkommen geheißen. Und Sekt spendiert, während Berlin Selters servierte, nebst Saft, Bier und Wein. Auf den Platten lagen armselige kreisrund ausgeschnittene Weißbrotscheiben mit profanem Käse oder Schinken belegt und mit Gürkchen garniert. Daneben die besagten kalten Würstchen. Der einzige kulinarische Genuß, in Bierteig gebackene Champignons, konnte die verwöhnten Mäuler kaum versöhnen. Insofern dürfte die Gesellschaft den nach nur anderthalb Stunden erfolgten Rausschmiß aus dem Hotel Excelsior nicht einmal als Unglück empfunden haben.

wist

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen