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Westliche Überlegenheit.

■ betr.: taz vom 10.10.88, „Perestroika und Häkeldeckchen“

Wer kennt sie nicht, die westdeutschen Wohlstandsbürger, die nach „drüben“ fahren und dort protzen, was man sich im freien Westen alles leisten kann; wie sie mit plumper Selbstgefälligkeit die Überlegenheit westlicher Konsumgesellschaften demonstrieren. Wieviel eleganter wird das Gleiche doch durch den ironischen Spott über die bescheidenen Konsumwünsche von Besuchern aus der Sowjetunion erreicht. Wer dort den alltäglichen Mangel an hochwertigen Konsumgütern erlebt und nicht mit den verfeinerten Formen postmateriellen Konsumierens vertraut, ist von dem Warenangebot bei Brinkmann erstmal beeindruckt. Da fahren doch diese Russen noch auf Dinge ab, die der abgeklärte Konsumkritiker schon lange bei sich zu Hause hat. Und frei nach dem Motto: „Am alternativen Wesen soll die Welt genesen“, wird die spießige Wohnungseinrichtung des Gastgebers und die antiquierte Form des sich Fotographierenlassens verrissen. Nachdem Leser und Leserin schon soviel nette Unterhaltung zum Frühstück serviert wurde, kann auf den Versuch, tatsächlich über die Lebensvorstellung sowjetischer Menschen zu berichten, getrost verzichtet werden. Daß es sich bei dem Austausch zwischen dem Landesjugendring und dem Komitee der Jugendorganisationen der Ukraine um keinen Austausch von Jugendgruppen, sondern von MitarbeiterInnen in der Jugendarbeit handelt , hätte der Autor ohne große Recherchen von einer nicht mehr ganz jugendlichen taz-Redakteurin, die am 11. Treffen in Odessa teilnahm, erfahren können. Aber wahrscheinlich ist Schlösser auf dem harten Redaktionsstuhl auch dem „weltweiten Hang zu deutscher Gemütlichkeit“ erlegen und fand das Ambiente einer Bremer Kneipe anziehender als ernsthafte journalistische Arbeit.

Frank Hoffer

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