: FEIGE, DRECKIG UND GEMEIN
■ „Fields of the Nephilim“ im Loft
Aus unserer beliebten Reihe Musiker erzählen aus ihrem Berufsalltagheute die Folge: Carl McCoy, Sänger bei „Fields of the Nephilim“.
Also, morgens steh‘ ich dann meistens auf, und wenn ich da so aufstehe, dann trinke ich zum Frühstück erst mal 'ne halbe Flasche Jack Daniels, weil das brauch‘ ich, um meine Stimme in Form zu halten und nur Jack Daniels macht so 'ne Scharten in die Stimmbänder. Wenn wir (die Band, Anm. d. Red.) dann alle aufgewacht sind, setzen wir uns in den Bandbus und fahren los. Unser Bandbus ist übrigens viel größer als bei anderen Bands, aber nicht deshalb, weil wir mehr Verstärker und so Kram haben, sondern wegen der vielen Nebelmaschinen und Trockeneisflaschen. Man haut ganz schön was weg von dem Zeug auf so 'ner Tour.
Wenn wir dann da sind, da wo wir spielen sollen, bauen die anderen so die Geräte auf die Bühne, und ich fange an, die grauen Klamotten anzuziehen und den Cowboyhut, und ich hab‘ auch immer Mehl dabei, um das alles einzustauben, daß es aussieht wie in diesem Film ... „Es war einmal in Amerika“ hieß der, glaub‘ ich, oder doch nicht? Auf jeden Fall, von diesem Sergio Leone war der, und das ist der, der immer die tollen Filme mit den coolen, verranzten Typen dreht. Seh‘ ich mir nur an, so'ne Filme. Weil find‘ ich toll, die Aussage: Ja, so muß ein Cowboy sein, feige, dreckig und gemein.
Also, wenn dann alles fertig ist und die Leute so da sind, dann gehen wir auf die Bühne, und die anderen schnallen sich ihre Instrumente und so um. Aber vorher werfen wir noch die Nebelmaschinen an, die stehen vorne an der Bühne und machen einen höllisch dichten Nebel. Über unsere Bühnenshow haben wir uns auch sehr viel Gedanken gemacht und wir nebeln da hauptsächlich, eigentlich immer, wenn man's genau betrachtet, eigentlich ständig. Wir haben uns auch schon überlegt, daß wir unseren Drummer zu Hause lassen, weil, den sieht man bei dem ganzen Nebel sowieso nicht, und dann hätten wir auch mehr Platz im Bandbus und könnten noch ein paar Nebelmaschinen zusätzlich mitnehmen. Und anstatt dem Drummer könnte man dann eine Rhythmusmaschine nehmen, und da könnte man ja auch einen Hut drauf legen, das wäre dann fast dasselbe.
Also, wir gehen jedenfalls auf die Bühne und spielen halt so unsere Lieder. Wir haben drei Sorten von Liedern: langsame, schnelle und so mittlere. Und die wechseln wir immer miteinander ab, damit das abwechslungsreicher wird. Ich guck‘ dazu immer ganz böse ins Publikum, weil jedesmal, wenn ich grinse, muß ich 100 Mark in die Bandkasse zahlen. Und reden tu‘ ich auch nichts. Unser Manager hat gesagt, ich soll‘ nur am Schluß „Thank you, good night“ sagen und sonst nichts, weil unsere Musik würde alles sagen, da bräuchten wir nicht noch zu reden. Unsere Aussage, das hat er gesagt, käme auch so rüber, daß wir halt sehr düster seien und todessehnsüchtig, das hat er noch gesagt. Sehr diffus, unser Manager.
Am Schluß blitzen wir noch ein bißchen mit so 'nem Schwarzlichtstroboskop rum, weil das wollte unser Bassist, der mit den Pausbacken, so. Das ist dann der Höhepunkt von der Show. Übrigens ist dieses Schwarzlichtzeugs, das ist meine Meinung, die tollste Erfindung seit der Nebelmaschine. Danach gehen wir dann von der Bühne.
Und wenn die Leute schreien und toben, dann gehen wir noch mal raus und spielen ein schnelles und ein langsames Stück und gehen dann wieder. Wenn die dann immer noch schreien und toben, dann gehen wir noch mal raus und spielen noch ein schnelles und ein mittelschnelles Stück. Aber dann hören wir ganz auf, weil ich muß ja früh ins Bett, um am anderen Morgen fit zu sein, weil ich ja wieder diese halbe Flasche Whiskey trinken muß.
Aufgezeichnet von Thomas Winkler
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