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Die Baracke schweigt

■ Zur Voscherau-Politik in Hamburg

Dem Testballon „sozialliberale Koalition Hamburg“ geht die Luft aus. Während sich Bonner Spitzen-Sozis und – trotz Lambsdorff – Liberale ein Gedankengebäude für die Zeit nach Kohl bauen, reißt Hamburgs SPD-Bürgermeister Henning Voscherau das ganze mit dem Arsch wieder ein, wie das im Norden so schön heißt. Dem Mann ist Bonn egal. Daß Voscherau uns bundespolitisch erspart bleibt, ist ein Segen. Für Hamburg ist es ein Fluch. Erst recht für die SPD – zumindest außerhalb der Hansestadt. Denn: Der selbsternannte Enkel von Helmut Schmidt repräsentiert die uralte SPD mit viel Beton und ohne die neuen Reformschnörkelchen. Kein Wunder, daß der Law and Order-Politiker, dessen politische Perspektiven sich auf den Radius von 30 Kilometern erstrecken, die CDU kleinhalten kann, ja, sie zumindest in der Hafenstraßen –Frage rechts überholt hat. Umfragen weisen ihn bereits als „starken Mann“ aus.

Neue Akzente setzt Voscherau nur an einem Punkt: Noch kein sozialdemokratischer Mandatsträger hat so unverhohlen mit dem Springer-Konzern kooperiert, für ihn geworben und sich von ihm die politischen Vorgaben setzen lassen wie er. Die SPD-Zentrale in der Bonner Baracke sieht tatenlos zu. Nur Schatzmeister Klose nutzte seinen letzten Heimatbesuch, um auf diese unheilige Allianz hinzuweisen – der ehemalige Hamburger Bürgermeister hat da seine eigenen Erfahrungen.

Wenn die Bonner Genossen Voscherau so weiterwursteln lassen, können sie sich eine sozialliberale Koalition auf Bundesebene in die Haare schmieren. Ob das bedauerlich ist, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

Axel Kintzinger

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