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Wie Voscherau die Koalition demontiert

Nur mit wenigen Personen tauscht sich Henning Voscherau über seine Pläne aus, die Hafenstraßen-Frage möglichst noch vor dem 800.Hafengeburtstag zu lösen. Mit einzelnen Journalisten beziehungsweise Chefredakteuren vornehmlich der Springer -Presse und ausgewählten Partei-Rechten, mit denen er schon zu Dohnanyis Zeiten kungelnd die Fäden Hamburger SPD-Politik zog.

Den Koalitionspartner FDP läßt er dabei außen vor. Informationen laufen zwischen den nur etwa sieben Meter voneinander entfernten Zimmertüren des Ersten und Zweiten Bürgermeister spärlich oder gar nicht.

Beispiel Abmahnung: Teile der FDP halten die Stacheldraht -„Affäre“ (siehe nebenstehenden Artikel) für lächerlich, unter ihnen der Zweite Bürgermeister Ingo von Münch. Kaum ist der jedoch auf dem Weg zur Kultusministerkonferenz in Osnabrück, läßt Voscherau zuschlagen - eine Unterrichtung des Koalitionspartners findet nicht statt.

Aber auch auf anderen Politik-Feldern läßt Voscherau keine Chance ungenutzt, seinen Vize zu desavouieren. „Den machen wir scheibchenweise fertig“, wurde der taz aus Reihen der SPD zugetragen. Und das sieht so aus: In seiner Funktion als Kultursenator ringt von Münch mehrfach um einen Kleckerbetrag, der das Überleben öffentlicher Büchereien sichern soll - und fällt auf den Bauch. Kurz darauf und fast ohne Diskussion verabschiedet der sozialdemokratisch geführte Senat 120 Millionen Mark für den Ausbau einer Startbahn des Flugzeug- und Rüstungsriesen MBB in Hamburg -Finkenwerder.

Oder: In seiner Funktion als Wissenschaftssenator will von Münch Geld für die bis zur Arbeitsunfähigkeit überlaufenen Betriebswirtschaftswissenschaften (BWL) locker machen. Doch das „Unternehmen Hamburg“ (Dohnanyi) will ausgerechnet in BWL und Informatik nicht investieren. Während Hamburgs Uni gerade in diesen Tagen von Studienanfängern, die wohl während ihres gesamten Studiums um einen Sitzplatz im Seminarraum werden kämpfen müssen, überrannt wird, stagniert der Wissenschaftsetat.

Voscherau und mit ihm die große Mehrheit der Hamburger SPD zeichnet sich ohnehin durch starke Berührungsängste zu Kultur und Wissenschaft aus. In Regierungserklärungen und anderen Reden des Ersten Bürgermeisters tauchen diese beiden Themen nur am Rande oder gar nicht auf. Selbst in Zeiten absoluter SPD-Mehrheit verwalteten oft Parteilose diese Ressorts. In der jetzigen Situation nutzt Voscherau die traditionelle Intellektuellenfeindlichkeit der Hanseaten -SPD, um von Münch vorzuführen. Er zielt auf den Richtigen der freidemokratische Jura-Professor gilt als Vater des FDP -Erfolges, die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen zu haben, er ist nach Dohnanyis Rücktritt das verbliebene Symbol der sozialliberalen Koalition.

Und Voscherau hat noch einen Giftpfeil im Köcher: Die von der SPD geleitete Finanzbehörde und das ebenfalls in sozialdemokratischer Hand befindliche Senatsamt für den Verwaltungsdienst haben einen Spar-Plan ausgebrütet, demzufolge jede zweite freiwerdende Professoren-Stelle nicht neu besetzt wird. Hinrich Budelmann, Staatsrat in der Wissenschaftsbehörde, schwant nichts Gutes: „Wenn sich diese Absichten durchsetzen, müßte jeder Wissenschaftssenator seinen Hut nehmen. Das kann keiner vor seiner Klientel, den Universitäten und Hochschulen, verantworten.“

Axel Kintzinger

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