: Barschel-Brief gegen „Barschel-Brief“
CDU Schleswig-Holsteins legt einen Brief von Uwe Barschel an Stoltenberg vor, der den angeblichen Barschel-Brief als Fälschung entlarven soll / Nach sechs Monaten: Kieler Staatsanwalt prüft Prüfung ■ Von M.Kempe u. V.Gaserow
Kiel/Berlin (taz) - Der CDU-Landesverband in Kiel hat gestern ein Schreiben von Uwe Barschel an den CDU -Landesvorsitzenden Stoltenberg vom 28.9.1987 veröffentlicht. Dieses Schreiben ist mit dem offiziellen Briefkopf des Ministerpräsidenten versehen und enthält einen Geburtstagsglückwunsch an Stoltenberg. Es endet mit einem handschriftlichen Zusatz: „Ich weiß nicht, wann wir uns sehen. Jedenfalls besonderen Dank für Beistand in den letzten Tagen.“ Nach Meinung von Beobachtern spricht dieser Zusatz dafür, daß es sich bei dem angeblichen Barschel-Brief vom 3.Oktober um eine Fälschung handelt. Es ist unwahrscheinlich, daß Barschel innerhalb von fünf Tagen seine Meinung grundlegend änderte und - nachdem er ihm zuvor gedankt hatte - Stoltenberg einen Drohbrief schrieb.
In den fast sechs Monaten, in denen die Kieler Staatsanwaltschaft in Sachen „Barschel-Brief“ hätte ermitteln müssen, hat sie es bisher nicht für nötig befunden, ein linguistisches Gutachten zur Prüfung von Echtheit oder Fälschung des Schreibens einzuholen. Auch nachdem im ARD-Magazin Panorama ein Gutachten des Sprachwissenschaftlers Drommel Uwe Barschel als Urheber dieses Schreibens dargestellt hatte, will die Kieler Staatsanwaltschaft eine eigene Textanalyse nur „falls erforderlich“ in Auftrag geben. Der leitende Oberstaatsanwalt Raab-Straube erklärte gestern gegenüber der taz, man werde erst die kriminaltechnischen Ermittlungen abwarten und dann „vielleicht als Abrundung“ ein vergleichendes Sprachgutachten anfertigen lassen. Im Gegensatz zur Fachmeinung über die Aussagekraft von linguistischen Gutachten (siehe auch Seite 5) meint der Kieler Staatsanwalt, solche Gutachten „spielten fast keine Rolle“. Laut 'Hamburger Morgenpost‘ hat die Staatsanwaltschaft bisher weder Barschels Privatschreibmaschine auf Schriftproben untersucht noch Freya Barschel befragt, wo sich ihr Mann an dem auf dem Brief angegeben Absendedatum 3.10.87 befand. Nach Frau Barschels Erinnerung wollte sich ihr Mann an diesem Abend mit dem damaligen Schwarzkopf-Geschäftführer Ballhaus treffen. Währenddessen dokumentierte die Bonner CDU gestern demonstrativ Gelassenheit. Nicht der Brief sei das Problem, sondern der „heuchlerische Kampfjournalismus“ und die „journalistisch äußert raffiniert aufgezogene Schmutzkampagne“ von Panorama, schimpfte CDU -Generalsekretär Geißler.
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