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Benefiz mit viel Tralala

■ „Aktions„woche der Berliner Aids-Hilfe / Die Politik bleibt außen vor

„Aids geht jeden an ... Ich wünsche Ihnen, daß die Aktionswoche 'Kultur und Information‘ viel Freude bereitet. Und daß das vorbildliche Engagement der vielen Künstler, Gruppen, Firmen und Einzelpersonen Sie vielleicht anregt, in Ihrem Rahmen für Mitmenschlichkeit und Toleranz einzutreten.“ Mit betulichen Worten leitet der Geschäftsführer der Berliner Aids-Hilfe (BAH), Jörg Stubben, das Programmheft zu einer Veranstaltungsreihe ein, die wenig mit Aktion, aber viel mit Benefiz zu tun hat, und das eine Woche lang, Tag für Tag zugunsten der Aids-Hilfe. Insbesondere Künstler engagieren sich: Der Reigen reicht von der Discotucke Fancy über die „Wedding Bells“ bis hin zum Ostberliner Superstar Helga Hahnemann. Auch Popsängerin Sabrina („Boys“) ist dabei. Los geht's heute um 15 Uhr auf dem Breitscheidplatz. Am Sonntag ist „Tag der Offenen Tür“ in den Räumen der Aids-Hilfe in der Meinekestraße 12 (10 bis 14 Uhr). Am Nachmittag schneiden dann Berliner Friseure in einem Zelt auf dem Breitscheidplatz zugunsten der BAH: „Mit Ihrer neuen Frisur unterstützen Sie die Arbeit der Aids -Hilfe.“ Am Montag abend zeigen nicht nur einige Designer ihre Kollektion im „Grand Hotel Esplanade“, sondern es werden auch einige Modelle zu Benefizzwecken versteigert. Weitere „Aktionen“ gibt es an so ausgewählten Orten wie dem Nachclub „La vie en rose“, der Discothek „Society“ und der Deutschen Oper. Viel Tralala, doch - bitte - keine Politik, scheint das Motto. Veranstaltungen zu den dringenden Problemen der Aids-Politik des Senats fehlen vollständig. Stattdessen wirbt die Aids-Hilfe in Ulf Finks „Treffpunkt Hilfebereitschaft“ am Dienstag um ehrenamtliche Mitarbeiter. Überhaupt: Ehrenamtliche Mitarbeit will man bei der BAH auch in Zukunft hochhalten, so Stubben. „Hauptamtliche sehen wir nur als dringende Ergänzung.“ Ansonsten präsentiert sich die BAH in ihrem Jahresbericht 1987/88, der anläßlich der Aktionswoche ebenfalls vorgestellt wurde, als „Partner eines Netzwerks staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen.“ Und wenig findet sich im Bericht, das dem Senat wehtun könnte: Staatliche Stellen müßten auf jedes Kontrollsystem für HIV-Infizierte und Aids-Kranke verzichten und der Hysterisierung entgegentreten, ist eine Forderung, die auch der Senat ohne weiteres unterschreiben kann. Von Drogenkonsumenten spricht Stubben als „Betäubungsmitteltätern“ und lobt die längere Lebensdauer von Menschen mit Aids in unserer Stadt: das sei der guten medizinischen Versorgung und dem „lebensfreundlichen Klima“ in Berlin zu schulden.

Andreas Salmen

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