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Internierungslager für Kölner Roma

Geplanter Roma-Lagerplatz war früher Zwangsarbeiterlager / Stadt will Internierung hinter Maschendraht / Teil der Kölner Roma soll abgeschoben werden  ■  Aus Köln Albrecht Kieser

Die Stadt Köln will etwa 400 Roma auf das Gelände eines ehemaligen Zwangsarbeiterlagers umsiedeln. Das Gelände soll eingezäunt und bewacht, der Zuzug weiterer Menschen durch Personenkontrollen unterbunden werden. Wie die Roma und ihre Unterstützergruppen erst jetzt erfuhren, diente der Platz im Faschismus als Sammelstelle für den Abtransport von Zigeunern in die KZs. Zusätzlich lagern giftige Abfälle im Boden des Geländes, das nach dem Zweiten Weltkrieg vorwiegend von Chemiefirmen genutzt wurde. Diese sollen aber nach Angaben der Stadt keine gesundheitlichen Schäden zur Folge haben. Die Umsiedlungspläne wurden mit den Stimmen der Ratsfraktionen von CDU und SPD bereits im September beschlossen.Bisher hatten die Roma zwei Jahre lang Zuflucht auf einem Platz im Norden der Stadt gefunden. Weil der Platz in Sichtweite der Europa-Zentrale der Firma Sony liegt, hatte deren Geschäftsführer Jack Schmuckli die Vertreibung im Interesse von „Gewerbeansiedlung und Wohnattraktivität“ eingefordert.

Akribisch führt die Kölner Stadtverwaltung auf, wie die Umsiedlungspläne durchgeführt werden sollen. In den Verwaltungsvorlagen heißt es, daß zuallererst „umfassende Personenkontrollen“ auf dem bisherigen Lagerplatz notwendig sind. Hierbei werden sich nach Ansicht der Behörden „unterschiedliche Personengruppen“ nach dem Ausländerrecht herausstellen. Bei Personen, die sich illegal im Bundesgebiet aufhalten, wäre „ggf. Abschiebehaft zu beantragen“. Das dürfte vor allen Dingen staatenlose Roma betreffen und solche, die aus Jugoslawien geflohen sind. Abgeschoben werden sollen auch Personen, deren Asylantrag nicht für den Raum Köln, sondern für andere Teile des Bundesgebietes bewilligt wurde. Sie sollen laut Verwaltungsvorlage an den entsprechenden Ort verwiesen werden.

Auf dem ehemaligen Zwangsarbeitergelände sollen nur Roma lagern dürfen, die legal in die Bundesrepublik eingereist sind oder die eine Aufenthaltserlaubnis beantragt haben und deren Verfahren noch nicht beendet ist.

Die Behörden planen weiter, daß „der derzeitige Lagerplatz nach der Freistellung durch Aufreißen in einer Tiefe von ca. 50 cm unbefahrbar gemacht“ wird. Schließlich wird in bezug auf den neuen Platz, das sogenannte Glanzstoffgelände, festgehalten: Fortsetzung auf Seite 2

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„Um den Zuzug weiterer Personen zu verhindern, soll das Gelände eingezäunt und bewacht werden.“ Der genaue Standort der Bewachungsbaracke ist bereits notiert, der Kostenvoranschlag sieht als höchsten Ausgabeposten 360.000 DM jährlich für das angeheuerte Bewachungsunternehmen vor.

Aufgescheucht durch das Entsetzen in Teilen der Öffentlichkeit versucht die Kölner SPD jetzt, den Schaden für das Ansehen der Partei noch zu mildern. Sie verabschiedete eine Resolution, mit allgemeinen Appellen an die Menschenwürde, bestätigte aber den Beschluß ihrer Fraktion mit der Feststellung, der „unkontrollierte Zuzug weiterer Menschen“ und der „freie Zugang“ mit Fahrzeugen müsse verhindert werden.

Das Internierungslager der Stadt wird von den Roma und den Unterstützergruppen abgelehnt und bekämpft. Köln, so betonen sie, sei sich aber offensichtlich der historischen Verantwortung für den Pogrom an Roma und Sinti nicht bewußt. Aus jetzt vorgelegten Dokumenten geht vielmehr hervor, daß die Stadt mit ihren Plänen die Kontinuität ihrer Lagerpolitik unter Beweis stellt.

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