: Wie gläsern Belegschaften sind
■ Symposium: „Zehn Jahre Datenschutz in Bremen“ / Arbeitsrechler Däubler: Datenschutzrechte reichen aus / Aber: Ihre Wahrnehmung im Betrieb ist schwierig
Vor genau zehn Jahren trat das Bremer Datenschutzgesetz in Kraft, und das, so fand Justizsenator Volker Kröning, sei Grund genug für ein Symposium. Vormittags hieß das Thema: Datenschutz im Strafprozeß. Nach dem Mittagessen: Arbeitnehmer-Datenschutz. Der Titel, den Referent Wolfgang Däubler gewählt hatte: „Gläserne Belegschaften“. Ohne Fragezeichen.
Däubler, Arbeitsrechtler von der Bremer Uni, war als Ratgeber auch bei Radio Bremen zu hören, bis er im Sommer aus dem Programm gekickt wurde. Daß die Belegschaften gläsern werden, das ist nach seiner Ansicht ein schleichender Prozeß. Die „Personal-Informationssysteme“, über die heute alle größeren Betriebe verfügen, entstanden aus Opas Lohn- und Gehaltsabrechnung. Der Anstoß, die Personaldaten elektronisch zu verarbeiten und jederzeit nach verschiedenen Fragestellungen abrufbereit zu halten, war laut Däubler der Datenhunger staatlicher und halbstaatlicher Stellen, zum Beispiel der Sozialversicherungsträger. Aber auch die Lust am Rationalisieren habe die Entwicklung der Datenbanken in Schwung gebracht.
Einen Werksausweis zeigt
man/frau am Tor dem Pförtner. Man/frau kann ihn aber auch in einen Schlitz stecken. Dann weiß der Computer, wann man gekommen oder gegangen ist. Bei einzelenen Betrieben sind die Türen zwischen den Abteilungen immer verriegelt. Das Sesam-öffne-dich ist wiederum der Werksausweis. Aber: Wann die MitarbeiterInnen ihren Arbeitsplatz verlassen haben, wie lange sie in der Kantine, beim Betriebsrat oder auf dem Klo waren, das kann festgehalten werden. Auch die Telefongespräche von den einzelnen Arbeitsplätzen zu überwachen, ist in vie
len Betrieben üblich. Nicht, daß der Chef mithört. Aber: Mit welchem Anschluß wie lange geplaudert wird, das gerät in den elektronischen Speicher.
Datenschutzgesetze gibts genug, und auch die Gerichte geben sich laut Däubler alle Mühe, persönliche Daten trotz der ständig wachsenden EDV-Möglichkeiten zu schützen. Aber wie können ArbeitnehmerInnen ihre Datenschutzrechte wahrnehmen? Da sieht Däubler die größten Probleme. Betriebräte haben kaum die Möglichkeit, sich adäquat zu qualifizieren.
mw
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