: Was ist modern?
■ Der 2jährige Geburtstag des „Modernes“ wurde ohne moderne Musik, mit Konfetti, Ruhrpott-Combo und „Family 5“ gefeiert
Eine rauschende Partynacht sollte es werden, der zweijährige Geburtstag der Mehrzweckhalle Modernstes. Ohne den sonst üblichen Konzertobulus waren alle Feierwilligen aufgerufen, für ein Verzehrentgeld dem Anlaß einen würdigen Stimmungsrahmen zu verleihen. Viele junge Bremer folgten dieser Aufforderung bereitwillig. „Etwas Modernes braucht der Mensch“, war das Motto des Abends. Es wurden allerdings zwei Gruppen engagiert, die alles andere machten, denn moderne Musik.
Mit den Mirror Images aus dem Großraum Essen/Dortmund gab sich eine Pilzkopf-Combo die Ehre, deren auffallendstes Merkmal eine hundertprozentige Wiedererkennbarkeit ihrer Stücke darstellte. Beat-Pop bis zum Abwinken boten die vier jungen Herren, und um ein Haar hätten sie sich sogar noch den anerkennenden Affix „Trash„-Music ans 60er-Jahre Revers heften dürfen. Doch leider weit daneben: Die herrlich gelungenen Elektronik-Verfremdungen waren lediglich auf den gar zu unbeholfenen Umgang mit der Technik zurückzuführen. Ihr Vortrag, ein musikalischer Bastard zwischen The Troggs und der 1910 Fruitgum Company, vermittelte sich durch stilistische Dauerwiederholungen und argen Problemen mit so diffizilem High-Tech Gerät wie einem Mikroständer. Der eingängigste Song war mit Abstand „I don't care“, offensichtlich ein programmatischer Titel.
Nach einer Pause standen dann
sechs Musiker auf der Bühne, ohne Zweifel waren das Family 5 aus Düsseldorf. Um es auf den Punkt zu bringen: Sie gaben grundsolide Neue (Modernste ?) Deutsche Welle zum Besten, unterstüzt von zwei Bläsern, von denen eine starke Präsenz ausging. Doch, ob Vor-oder Nachteil sei dahingestellt, der Ex-Fehlfarbensänger Peter Hein war unumschränkter Mittelpunkt des Tanz-und Unterhaltungsorchesters. Heins Stimme mit rheinischem Diktus hat auch nach Jahren wenig an ihrer jovial-eindringlichen Wirkung eingebüßt. Kumpelhaft zwischenmoderierend hatte er sein Publikum jederzeit im Griff und meisterte auch einen temporären Totalausfall des Baßverstärkers in genialer Manier. Monty Python's „I'm a Lumberjack and I'm O.K...„ intonierte er a capella in einer vergnüglich deutsch adaptierten Version, schade nur, daß die ZuhörerInnen nicht darauf eingehen mochten.
Eine exzessive Konfettischlacht auf der Bühne erinnerte noch einmal an den freudigen Anlaß, und weiter ging der muntere NDW-Aufguß mit Trompeten-und Saxophonschüben. Mick Jaggers Harlem Shuffle erfuhr dabei genauso eine internationale Referenz wie ein angenehm rotzig und gewalttätiges Werk der US-Punx Stooges. Ohne Zweifel bestritten Family 5 einen kompakten Set, einer Fete wunderbar angemessen. „Alles scheißegal, ich tu's nur, weil ich muß“, lautete eine Textzeile der sechs. Ein Wink mit dem Zaunpfahl?
Cool J.F.
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