Hochrüstung zum Schleuderpreis

■ Vulkan-Chef Hennemann von den Bonner Waffenkäufern ausgetrickst / Vulkan will jetzt Fregatte F 123 ebenso billig anbieten wie die Konkurrenz / Wedemeier befürchtet Subventionen für Rüstungsaufträge

Dem „Traumtänzer“ Friedrich Hennemann „steht das Wasser bis zum Hals“. So rüde äußerte sich gestern Klaus Neitzke, Vorstandssprecher der Kieler Howaldtwerft über seinen Kollegen vom Bremer Vulkan. In der Tat: Wenn sich die norddeutschen Großwerften nicht doch noch einigen, dann bleibt der Vulkan beim Neubau von vier Fregatten außen vor. Bei dem Versuch, den ganzen Auftrag nach Bremen zu holen, war Vulkan-Chef Hennemann vom Verteidigungsministerium ausgetrickst worden.

Es geht um vier neue Fregatten (F 123), mit der die Bundesmarine in den neunziger Jahren größere Geschütze und Raketenrampen über die Weltmeere fahren will. An der Entwicklung dieses Typs arbeiteten gemeinsam die Konstrukteure der vier Werften Blohm & Voß (Hamburg), Thyssen Nordseewerke (Emden), Howaldt Deutsche Werft (Kiel) und der Bremer Vulkan. 650 Millionen Mark soll so ein Schiff kosten. Anfang Oktober, so Vulkan-Chef Hennemann gestern vor der Presse, habe man auf der Bonner Hardthöhe wissen wollen, ob die

neuen Waffen nicht vielleicht doch noch auf dem alten Fregattentyp 122 Platz finden würde. „Ja!“, riefen der Bremer Vulkan und der Waffenlieferant AEG wie aus einem Munde und nannten auch gleich einen Preis: Zehn Prozent billiger als die neu entwickelte F 123 sollte die alte, etwas umgebaute, F 122 werden, also 585 statt 650 Millionen Mark pro Schiff.

Von diesem Sonderpreis hatte Hennemann seine Konkurrenten nicht unterrichtet. Bürgermeister Wedemeier bestätigte gestern, daß die anderen Werften zwar von dem Angebot des Bremer Vulkan, nicht aber vom dem Preis erfahren haben. Wenige Tage später legte auch die Konkurrenz unter Führung von Blohm & Voß eine Offerte vor: Sie erklärte sich bereit, nicht die alte F 122, sondern die neue F 123 zu bauen - für den gleichen Preis, den der Vulkan für die alte Fregatte verlangt hatte.

„Das dürfen die nicht“, sagte Hennemann gestern. Denn die F 123 sei von den Werften der Arbeitsgemeinschaft gemeinsam entwickelt worden und dürfe des

halb nur gemeinsam vermarktet werden. Außerdem sei das ein „Dumping-Angebot“: Zum Preis von 585 Millionen könne das Schiff nur mit Verlust gebaut werden. Dennoch sieht Hennemann jetzt nur noch eine Chance: Er will der Marine das gleiche Angebot machen wie seine Konkurrenten. Wenn er den Zuschlag dann bekommt, will er Schadensersatz von den anderen Werften verlangen, weil die ja den Preis verdor

ben haben.

Für den Fall, daß ihm der Auftrag ganz durch die Lappen geht, werden in den Jahren 1992 bis 1996 rund 400 Leute weniger auf dem Bremer Vulkan Beschäftigung finden. Hennemann: „Bis dahin muß man über andere Lösungen nachdenken“.

Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen: Die Werftgewaltigen werden bald zu einer „Güteverhandlung“ zusam

menkommen. Auch der Bremer Bundestagsabgeordnete Koschnick und die sozialdemokratischen Regierungschefs von Schleswig -Holstein, Hamburg und Bremen halten eine gütliche Einigung für das beste. Wedemeier in Hinblick auf das Dumping der Werften: „Ich habe doch keine Lust, Rüstungsaufträge zu aquirieren, die ich dann aus dem Landeshaushalt subventionieren muß“.

mw