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Südafrika veröffentlicht Namibia-Plan

Der Apartheidstaat akzeptiert jetzt einen Kompromißvorschlag der Vereinigten Staaten als Verhandlungsgrundlage Die Diskussion um die UN-Resolution gerät ins Stocken / Bis 1991 sollen sich alle Kubaner aus Angola zurückgezogen haben  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Südafrika hat einem Kompromißvorschlag der USA für einen Rückzug kubanischer Soldaten aus Angola und der angepeilten Unabhängigkeit Namibias mit Vorbehalten zugestimmt. Verhandlungen mit Angola und Kuba sind jedoch nach wie vor festgefahren, weil Kuba bisher noch nicht zu dem US -Vorschlag Stellung genommen hat. Die Diskussion der UN -Resolution 435 für die Unabhängigkeit Namibias, die gestern beginnen sollte, ist nun auf den 1.Januar 1989 verschoben worden.

Aus Regierungskreisen in Südafrika wurde gestern bekannt, daß der US-Kompromißvorschlag schon bei der letzten Verhandlungsrunde in New York Anfang Oktober vorgelegt worden war. Bis zum 13.Oktober sollten die Verhandlungspartner reagieren. Die Kubaner haben diese Frist offenbar nicht eingehalten. Beobachter vermuten, daß Angola und Kuba die Ergebnisse der US-Präsidentschaftswahlen abwarten wollen, bevor sie einer Einigung mit Südafrika zustimmen. Ein Sieg des demokratischen Kandidaten Michael Dukakis würde die Position Angolas erheblich stärken. In Pretoria wird dennoch erwartet, daß die nächste Runde der Verhandlungen noch Ende dieser Woche in Genf stattfinden wird.

Nach südafrikanischen Angaben sieht der US-Plan einen 30 -monatigen Zeitraum für den Rückzug kubanischer Truppen aus Angola vor. Südafrika und die USA haben bisher einen solchen Rückzug als Vorbedingung für die Unabhängigkeit Namibias gefordert. Dem Plan zufolge sollen 4.000 kubanische Soldaten noch vor dem 1.Januar Angola verlassen. Südafrika wünscht sich jedoch einen Rückzug von 15.000 Kubanern vor Ende des Jahres. Nach sieben Monaten sollen am 1.August 1989 freie Wahlen in Namibia stattfinden. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen 50 Prozent der Kubaner aus Angola abgezogen werden. Das bedeutet den Rückzug von monatlich mindestens 3.500 Soldaten. Südafrika wünscht sich statt dessen einen schnelleren Rückzug von 4.000 Soldaten im Monat. Die restlichen 25.000 Kubaner sollen sich bis zum 31.März bis nördlich des 15.Breitengrades zurückziehen und bis zum 30.Juni bis nördlich des 13.Breitengrades.

Bis zum 1.August 1990, sollen dem US-Plan zufolge insgesamt 75 Prozent aller kubanischen Soldaten aus Angola abgezogen werden. Die restlichen 14.000 Kubaner sollen in den darauffolgenden zwölf Monaten Angola verlassen: 4.000 bis zum 31.Januar 1991 und die letzten 10.000 bis zum 1.August 1991.

Südafrika ist „flexibel“, akzeptiert diesen Plan also als Verhandlungsgrundlage. Offenbar würden die Südafrikaner einen Zeitplan von 24 Monaten vorziehen. Dennoch akzeptiert der Apartheid-Staat erstmals, daß auch während der Wahlen in Namibia und nach der Unabhängikeit des Landes Kubaner in Angola sein werden. Der Rückzug dieser Soldaten in den Norden Angolas soll verhindern, daß sie die Wahlen in Namibia beeinflussen können.

Die Südafrikaner haben die Einzelheiten des US-Planes veröffentlicht, um ihre Konzessionsbereitschaft zu demonstrieren und Druck auf die Kubaner auszuüben. Dieser Zeitplan läßt den Beteiligten nur etwa zwei Wochen Zeit, um ein Abkommen zu erreichen. Die UNO benötigt jedoch sechs Wochen, um die Friedenstruppen, die die Wahlen in Namibia überwachen sollen, aufzustellen.

Ein Rückzug der Kubaner aus Angola bedeutet nicht unbedingt, daß alle Soldaten nach Kuba zurückkehren. Es scheint auch möglich, daß ein Teil anderswo in Afrika aufgestellt wird. Die Südafrikaner scheinen vor allem darauf zu bestehen, daß die Kubaner aus dem südlichen Afrika veschwinden. Den Einsatz der Kubaner im nördlicheren Afrika würden sie nach Angabe von Diplomaten tolerieren.

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