: IG Metall kritisiert Blüm-Vorschlag
■ Vorschlag des Bundesarbeitsministers zur Samstagsarbeit von Gewerkschaft als „unzumutbar für Arbeitnehmer“ kritisiert / Lafontaine zeigt sich interessiert / Grüne halten beiden Politikern „Demagogie“ vor
Berlin (ap/taz) - „Unzumutbar für die Arbeitnehmer“ und „ein alter Hut“ ist nach den Vorstellungen der IG-Metall der von Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) am Wochenende angeregte Arbeitszeitvorschlag, wonach der Samstag wieder zum normalen Arbeitstag werden soll. Blüm hatte als Ausgleich eine weitere Wochenarbeitszeitverkürzung (auf 36 Stunden) und die vier-Tage-Woche mit 9-Stunden-Schichten vorgeschlagen. Begrüßenswert sei jedoch, so Klaus Zwickel, zuständig für Tarifpolitik in der IG-Metall, daß der Minister - wie die IG-Metall auch - eine Ausweitung der Sonntagsarbeit ablehne. Der stellvertretende DGB-Vorsitzende Gustav Fehrenbach (CDU) nannte Blüms Vorschlag ein Plädoyer für die Einführung der 36-Stunden-Woche. Fehrenbach lehnte aber auch die Samstagsarbeit ab. Auch der Arbeitgeberverband äußerte sich kritisch zu Blüms Vorschlägen.
Der saarländische Ministerpräsident Oskar Lafontaine hat die erneut aufgekommene Debatte „mit Interesse“ verfolgt und begrüßt, daß Blüm seine Vorschläge zur Umverteilung der Arbeit aufgegriffen habe. In einer Erklärung warnte Lafontaine jedoch vor dem Widersinn, sich bei der Flexibilisierung von Arbeitszeit auf ein Modell festlegen zu wollen. Der stellvertretende SPD-Chef hatte in den letzten Monaten neben anderen Modellen die Vier-Tage-Schicht als Beleg für seine These genannt, daß längere Maschinenlaufzeiten mit Arbeitszeitverkürzung für den Einzelnen einhergehen könnten und die Konkurrenzfähigkeit im Hinblick auf den Europäischen Binnenmarkt erhöht würde. Lafontaine verwies auf bereits in die Praxis umgesetzte Wochenend-Arbeitszeitregelungen dieser Art, denen gemeinsam sei, daß der Sonntag arbeitsfrei bleibt. So gebe es nach einer Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Konzern eine solche Vier-Tage-Woche beim Automobilwerk BMW in Regensburg.
Die Grünen haben Blüms und Lafontaines Vorschläge zur Wochenendarbeit rigoros abgelehnt. Der Öffentlichkeit würde von den beiden Politikern „auf demagogische Weise“ Sand in die Augen gestreut, meinte der Bundestagsabgeordnete der Grünen, Willi Hoss.
Die Blümsche Behauptung, „teure Produktionsanlagen dürfen nicht mehr nach 37 Stunden abgeschaltet werden“, sei grotesk. Die durchschnittliche Betriebszeit der Produktionsanlagen liege - auch aufgrund von Schichtarbeit bei 61 Stunden in der Woche. In zahlreichen Bereichen würde sie sogar noch deutlich überschritten. Maschinenlaufzeiten in der Chemieindustrie belaufen sich nach Informationen der Grünen auf 74 Stunden pro Woche, in der Metallindustrie auf 79, in der Textilindustrie auf 81 Stunden. Die Arbeits- und Betriebszeiten seien in der Bundesrepublik bereits weitgehend entkoppelt. Im internationalen Vergleich - z.B. im Verhältnis zu den USA und Frankreich - seien Betriebsnutzungszeiten sowie das Ausmaß an Schicht- und Nachtarbeit in der Bundesrepublik sehr hoch.
mtm
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen