piwik no script img

Aus den Niederungen der Hochschule

■ Heute: Das Holz der Juristen

Neulich, am FB Jura, in einer Übung Öffentliches Recht. Prof. Randelzhofer, nicht gerade bekannt als der Fortschrittlichsten einer, verteilt zum Thema Grundrechte folgenden lehrreichen Fall. Die Rechtslage ist anhand des Grundgesetzes zu würdigen (leicht gekürzt):

Der DGB vergibt an eine Druckerei einen größeren Auftrag, der ausschließlich von gewerkschftlich organisierten Arbeitnehmern durchgeführt werden soll. Nach der Erklärung eines DGB-Vorstandsmitglieds geht diese Entscheidung auf eine entsprechende Forderung der IG Druck und Papier zurück. Der Unternehmer U kündigt nach Eingang des Auftrages das mit dem Arbeiter A bestehende Arbeitsverhältnis, weil A gewerkschaftlich nicht gebunden sei. Aha, so läuft das also in Wirklichkeit. Keine Rede davon, wie viele aktive Gewerkschafter im richtigen Leben wegen ihres gewerkschaftlichen Engagements gefeuert werden. Kritisches Studium des Verhältnisses von Recht und Wirklichkeit ist auch gar nicht gefragt. Denn rechtlich problematisch ist die Sache ja erst, wenn ein schnöder Unternehmer (U) den starrköpfigen Arbeiter (A) zur unfreiwilligen Gewerkschaftsmitgliedschaft zwingen will und ihn - A bleibt unbelehrbar - am Schluß auf die Straße setzt. Aber: Am Ende schaut denn doch der Ehrengewerkschafter U in die Röhre, denn - gottlob - es gilt bei uns die Koalitionsfreiheit nach Art.9 GG, die solch unerbittlichen unternehmerischen Zwang gegen unwillige Gewerkschaftsfeinde (A) in die Schranken weist.

Ist es Zufall, daß junge JuristInnen still und geduldig an solchen und ähnlichen Fällen nicht nur Staatsrecht studieren? Oder ist es nicht doch das wahrhaft Lehrenswerte, das so in alter Juristentradition vermittelt wird. Und heraus aus diesem Studium kommen ja auch nicht gleich furchtbare Juristen. Aber das Holz, aus dem man solche schnitzt.

Martin Nanzka

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen