: Wer ließ Dulcie S. ermorden? - Geheimdienste in Deutschland
(Geheimdienste in Deutschland, ZDF, 22.10 Uhr) Berichte über illegale Praktiken und Aktivitäten westlicher Geheimdienste galten lange Zeit als übertrieben, als Fiktion. Von Kriminalbuchautoren wurden sie gern ausgeschlachtet und zu einer Story verdichtet. Daß diese Fiktion längst von der Realität eingeholt wurde, war seit den Aktivitäten des Niedersächsischen Verfassungsschutzes am sogenannten „Celler Loch“ bekannt. Daß aber auch „Killerkommandos“ zum Arsenal der Geheimdienste zählen, das zeigt Jürgen Roth in seinem Bericht über die illegalen Machenschaften bundesdeutscher Agenten.
Die Schwierigkeiten in diesem Metier zu recherchieren hat der Autor dieses Beitrags selbst erfahren. So erhielt er gleich zu Anfang den Rat, sich mit bestimmten Themen doch besser nicht zu beschäftigen. Ein bekannter bundesdeutscher Dienst sollte nicht erwähnt werden, dafür aber wurden andere Informationen angeboten. Ein faszinierendes Angebot, das in diesem Metier anscheinend üblich ist. Man muß sich daran gewöhnen, so der Autor, daß „immer wieder Versuche unternommen werden, den Journalisten, auch mich, zu manipulieren“.
Dulcie S., um die es im Film geht, ist die Vertreterin der südafrikamischen Oppositionsbewegung ANC für Frankreich. Sie wurde am 29.März 1988 vor ihrem Büro in Paris erschossen. Die Täter sind bis heute, offiziell, unbekannt.
Wenige Tage nach dem Attentat erhielt Jürgen Roth von einer Quelle des englischen Geheimdienstes MI6 den Hinweis, daß ein „Killerkommando“ unterwegs sei, das südafrikanische Oppositionelle ausschalten solle. Dabei wurde auch ein bestimmter Name genannt. Es gelang im Verlauf der Recherche zu diesem Fall, den Mann ausfindig zu machen und dazu zu bringen, seine Aussagen vor der Kamera zu machen.
Was aber hat das zu bedeuten, wenn ein bedeutender Geheimagent, der sogar im bundesdeutschen Zentralcomputer des Nachrichtenvertreters auftaucht, vor laufenden Kameras auspackt? Freundschaftliche Verbundenheit kann es wohl kaum gewesen sein. Der Autor des Berichts vermutet, daß er ein einziges Ziel hat: „Jene Regierung, für die er arbeitet, von dem Verdacht zu befreien, hinter den Attentaten gegen ANC -Vertreter in Europa zu stehen“.
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