: Strafen statt helfen
■ Anfrage der AL zu Jugendstrafe / Justizsenator sieht Kurzarrest als „erzieherische Maßnahme“ / AL und SPD gegen Untersuchungshaft bei Jugendlichen
Ob Jugendliche in den Knast kommen oder in den Jugendarrest, ob sie mit Erwachsenen zusammen im Untersuchungshaft sitzen oder wegen geringfügiger Delikte nicht strafverfolgt werden, ist für Justizsenator Rehlinger (CDU) eine pädagogische Frage. Einerseits, so Rehlinger am Donnerstag im Abgeordnetenhaus weiche man in Berlin bei Jugendlichen häufig von der üblichen Bestrafung ab und wolle ambulante Maßnahmen immer weiter ausbauen, andererseits sei dies bei einem Teil der Jugendlichen aus „erzieherischen Gründen“ weder möglich noch sinnvoll.
In Berlin sehen Staaatsanwälte in der Regel von der Verfolgung der Verfahren bei jugendlichen Ersttätern dann ab, wenn sie einen Diebstahl unter 50Mark begangen haben. Von den Jugendgerichtsverfahren werden 50 Prozent aller Vefahren eingestellt. Bei ausländischen Jugendlichen nimmt der Senat dann allerdings ganz Abschied von seinem Erziehungsgedanken. Nach einem Erlaß des Innensenators vom April dieses Jahres können straffällig gewordene Jugendliche schon ausgewiesen werden, wenn sie zu einer Jugend- oder Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt wurden. Diese Art der Abschiebung bedeute „soziale Hinrichtung“ für Jugendliche, die oft schon in der dritten Generation hier seien, erklärte der SPD-Abgeordnete Andreas Gerl. Die SPD, die offenbar ganz von ihren früheren Vorstellungen von Behandlungsvollzug Abschied genommen hat, sprach sich ebenso wie die AL für eine weitgehende Abschaffung der Untersuchungshaft für Jugendliche aus. Die SPD wendet sich jetzt gegen Therapie im geschlossenen Vollzug und ist dafür, stationäre Maßnahmen durch „nicht-freiheitsbegrenzende Maßnahmen“ zu ergänzen oder zu ersetzen.
Die AL-Abgeordnete Kirsten Jörgensen schlug vor, den Jugendarrest abzuschaffen. Sie meinte, daß auch die Hälfte der Jugendlichen, die ambulanten Maßnahmen ausgesetzt seien, dort eigentlich nicht hingehörten. Heinz Baetge (FDP) wollte den „vernünftigen Ausgleich“ zwischen Opfern und Tätern nicht vergessen. Der CDU-Mann (und Lehrer) Krüger sah es dagegen wieder erzieherisch. Er lobte den Kurzarrest als eine Art Einkehrübung, bei der die Jugendlichen „einmal zu sich selbst kommen“.
RiHe
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