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Keine Flüge für Apartheid

ÖTV-Mitglieder gegen Südafrika-Flüge der Lufthansa / Antrag der Grünen im Bundestag / CDU-Politiker sagt Reise nach Südafrika ab, betont aber Notwendigkeit wirtschaftlicher Kontakte zum Abbau der Apartheid  ■  Von Helmut Lorscheid

Bonn (taz) - Zum Saisonbeginn rufen die Gewerkschafter innerhalb der Lufthansa und kirchliche Gruppen gemeinsam dazu auf, die Flüge nach Südafrika zu streichen. In Frankfurt, über dessen Flughafen ein Fünftel der europäischen Südafrika-Flüge abgewickelt wird, gründete sich jetzt die Initiative „Keine Flüge für Apartheid“.

Für einen Boykott Südafrikas haben sich auch die Mitglieder des Gesamtbetriebsrates der Lufthansa AG ausgesprochen. Bei den Urlaubern dagegen erfreut sich der Apartheidstaat jedoch weiterhin als Reiseziel großer Beliebtheit.

Nach Angaben des südafrikanischen Tourismusverbandes „satour“ in Frankfurt reisten in dem Zeitraum von Janaur bis August 1988 über 39.000 Bundesbürger nach Südafrika. Da die Hauptsaison noch bevorsteht, wird insgesamt mit einer Steigerung von rund zwanzig Prozent im Vegleich zum Vorjahr gerechnet.

Aufgrund der öffentlichen Diskussionen und der zahlreichen Proteste verzichtet indes ein Reiseveranstalter auf seine Tour ans Kap. Der rheinland-pfälzische CDU -Landtagsabgeordnete und Besitzer eines Reisebüros, Ulrich Schmalz, sagte eine mit rund 20 Personen seit Wochen gebuchte Rundreise wieder ab. Gleichwohl betonte er, daß wirtschaftliche Kontakte mit Südafrika ein Beitrag zum Abbau der Apartheid seien.

In der Auseinandersetzung um die Schmalz-Reise - die der Reisebüroinhaber in seiner Funktion als Landtagsabgeordneter führte - bezeichnete auch IG-Metall-Chef Franz Steinkühler „die Einstellung von touristischen Reisen als notwendige Maßnahme“. Steinkühler weiter: „Ich verstehe im übrigen nicht, wie Menschen zum Vergnügen in ein Land reisen können, in dem Kinder in Gefängnisse gesperrt und gefoltert werden.“

Steinkühlers Parteifreund, der Lufthansa-Chef Heinz Ruhnau (beide SPD), sieht das anders. Während der letzten Lufthansa -Hauptversammlung polterte er gegen die Anträge einiger kritischer Aktionäre, die die Einstellung der Südafrika -Flüge forderten, ebenso wie gegen Apartheidgegner aus Südafrika, darunter auch den Nobelpreisträger Bischof Tutu. Er frage sich, so Ruhnau, „wie die Delegationen, die da hin und her reisten, eigentlich nach Europa kommen. Doch nicht mit dem Kamel.“

Die Lufthansa hat vor einigen Wochen zusätzlich den Service für die südafrikanische Fluglinie SAA übernommen, den eine andere Firma aus politischen Erwägungen gekündigt hatte.

Neben der Lufthansa wirbt auch das bundesbahneigene „Deutsche Reisebüro“ (DER) regelmäßig für Reisen nach Südafrika.

Entsprechende Zeitungsanzeigen der Heidelberger DER -Niederlassung und Werberundschreiben des Aachener DER-Büros führten inzwischen zu Parlamentsanfragen von SPD und Grünen im Bundestag. Den Abgeordneten liegt jetzt auch ein Antrag der grünen Tourismusexpertin Hannelore Saibold vor. Darin werden das „Deutsche Reisebüro“ und die Lufthansa aufgefordert, ihre Werbung für Südafrika-Tourismus einzustellen.

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