: PLO will Staat Israel anerkennen
■ Das PLO-Exilparlament tagt in Algier / Exekutivausschuß einigt sich auf Anerkennung der UNO-Resolution 242 / Einigkeit über die Ausrufung eines unabhängigen Palästinenserstaates / Die Bildung einer provisorischen Regierung wurde offenbar vertagt
Algier (dpa/ap/taz) - In Algier haben sich am Sonntag die Mitglieder des Exekutivausschusses der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) darauf geeinigt, die UNO -Resolution 242 als Grundlage für eine künftige Nahost -Konferenz zu akzeptieren.
PLO-Sprecher Achmed Abdel Rachman gab in Algier bekannt, eine politische Erklärung, die vom Exekutivausschuß für die Nationalratssitzung vorbeireitet wird, werde alle UNO -Resolutionen über die palästinensische Frage annehmen. Die Resolution 242 verlangt den Abzug der israelischen Truppen aus den besetzten Gebieten und bekräftigt das Recht aller Staaten im Nahen Osten - also auch Israels - auf friedliche Existenz innerhalb sicherer Grenzen.
Am Ende der Tagung des Palästinensischen Nationalrates (PNC), die bis Dienstag dauert, soll ein unabhängiger Palästinenserstaat in den israelisch besetzten Gebieten ausgerufen werden. Die Bildung einer provisorischen Regierung wurde dagegen zunächst vertagt, wie Sprecher einiger in der Dachorganisation PLO zusammengeschlossene Parteien der Palästinenser am Sonntag erklärten.
Der Nationalrat, der am Samstag seine Beratungen aufnahm, steht ganz unter dem Vorzeichen der Intifada in der Westbank und dem Gaza-Streifen. In seiner engagiert vorgetragenen Eröffnungsrede zollte PLO-Chef Yassir Arafat den jugendlichen Aufständischen Tribut. Unter tosendem Beifall lobte er „unsere Generäle mit Steinen“, deren seit elf Monaten dauernder Aufstand einen neuen Aufschwung des palästinensischen Nationalismus hervorgebracht und den israelisch-arabischen Konflikt dramatisch geändert habe. „Mit dem Stein und dem Olivenzweig werden wir einen wirklichen Frieden im Nahen Osten erreichen. Wir werden diesen Kampf gewinnen, (...) bis die Fahne Palästinas über dem arabischen Boden Palästinas und den Kirchen und Moscheen von Jerusalem flattert“, erklärte Arafat.
Den künftigen US-Präsidenten George Bush forderte der PLO -Chef denn auch auf, die Nahostpolitik der USA so zu revidieren, daß sie auf Recht und Gerechtigkeit basiere und nicht mehr auf einseitiger Parteinahme für Israel. Für die 448 Delegierten in Algier wird es bis Dienstag darum gehen, das politische Kapital des Aufstands in eine Strategie zu gießen, die die PLO auch auf diplomatischer Ebene ihrem Ziel näherbringt, einen Palästinenserstaat an den Seiten Israels zu gründen. Außerdem gilt es, das politische Vakuum zu füllen, das mit der Aufgabe der jordanischen Ansprüche auf die Westbank im Juli entstanden ist.
Unter den Delegierten besteht ein breiter Konsens, der erwarteten Ausrufung der Unabhängigkeitserklärung die UNO -Teilungsresolution zugrunde zu legen. Dieser Text, 1947 von den arabischen Staaten Fortsetzung auf Seite 2
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abgelehnt, sah die Bildung eines jüdischen und eines arabischen Staates im britischen Mandatsgebiet vor. Einzelne palästinensische Führer wie Georges Habasch von der Volksfront betrachten einen solchen Schritt als Konzession an Israel.
Georges Habasch, so verlautete aus Konferenzkreisen, habe sich ebenso wie Najef Hawatmeh auch nicht mit der Entscheidung des Exekutivausschusses über die Anerkennung der UNO-Resolutionen einverstanden erklärt. Sie wollten sich aber auf der Sitzung der demokratischen Mehrheit fügen. Lediglich die in Syrien ansässigen Mini-Parteien, die dem Nationalrat fernblieben, dürften die Anerkennung der UNO -Resolutionen weiter strikt ablehnen.
Auch die im Gaza-Streifen vertretene islamisch -fundamentalistische Gruppe Hamas wandte sich dagegen, daß die PLO für ein friedliches Nebeneinander mit Israel eintrete. „Wir sagen es ganz deutlich: Nein zu einem zionistischen Staat auf palästinensischem Boden, nein zum Frieden mit den Mördern... Ja zum bewaffneten Kampf“ hieß es auf einem Flugblatt, das in den letzten Tagen in den besetzten Gebieten auftauchte.
Der Gaza-Streifen war am Wochenende vom israelischen Militär völlig abgeriegelt, während die Ausgangssperre in der Westbank gestern teilweise wieder aufgehoben war. An den Häuserwänden tauchten unterdessen bereits die ersten Parolen für einen unabhängigen Staat auf. Die Fahnen, die am 15.November, dem „Nationalen Unabhängigkeitstag“, gehißt werden sollen, waren schon genäht, ehe der PNC in Algier überhaupt zu seiner ersten Sitzung zusammentrat.
bs
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