: Hohle Ankündigungen
■ Vor einem Jahr mußten FU-Beamte „büßen“, doch noch immer schulden Mediziner, die auf eigene Rechnung Patienten behandeln, der FU Millionen
Ein Jahr ist es nun her, da erlebten Aktenordner-schwangere Verwaltungsräume der Freien Universität eine Welturaufführung: Leitende Beamte bis hin zum Medizinkanzler mußten auf Befehl des Wissenschaftssenators am Buß- und Bettag nachsitzen. Turner ließ sie antreten, damit sie nach Jahren der Schluderei endlich der FU zu jenen Millionen verhalfen, die Klinikchefärzte der Universität nicht zahlen wollten.
Ein Gesetz verpflichtet die Medizinprofessoren seit 1982, der Universität die Kosten zu erstatten, wenn sie auf eigene Rechnung Patienten behandeln. Die Verdienste für diese Nebentätigkeiten gehen bei einigen Professoren in die Millionen, doch sie weigern sich, die Gebühren an die FU abzuführen.
Schuld ist die Medizinverwaltung, die es bis heute nicht geschafft hat, rechtskräftige Bescheide an alle säumigen Mediziner zu verschicken. Da hat auch der denkwürdige Bußtag vor einem Jahr nichts genutzt. Auf 5,7 Millionen Mark ist der Fehlbetrag für die FU bis heute angewachsen.
Ginge es nach den Verlautbarungen von FU-Präsident Heckelmann und vom Wissenschaftssenator, so wäre das Problem längst erledigt. Lassen wir einige der markantesten Äußerungen zum Jahrestag des hochnotpeinlichen Nachsitzens noch einmal Revue passieren:
„Bei der Bewältigung (der) Schwierigkeiten hat es in letzter Zeit Fortschritte gegeben, so daß der Senat davon ausgeht, daß der Präsident der FU Berlin dieses Problem bis Ende des Jahres gelöst haben wird.“ (Wissenschaftssenator Wilhelm A.Kewenig im Landespressedienst - LPD - am 14.August 1984)
„Sofern mit den Professoren bis zum 30.Dezember 1985 keine Einigung erzielt werden kann, werden Festsetzungsbescheide erlassen.“ (Wissenschaftssenator W.A.Kewenig im LPD am 22.Oktober 1985)
Am 29.September 1987 verspricht FU-Präsident Heckelmann in einem Schreiben, daß die FU innerhalb der nächsten sechs Wochen die rechtskräftigen (Widerspruchs-)Bescheide den Gremien vorlegen werde.
„Der Nebentätigkeitsstreit in den Hochschulklinika steht vor der Klärung. (...) (Die) Altfälle werden bis Mitte August abschließend erledigt.“ (Wissenschaftssenator Turner am 22.Juli 1988 im LPD)
Auch diese Frist ist verstrichen - das Millionen-Problem indes noch längst nicht geklärt. Als Turner vom AL -Abgeordneten Gunnar Grugelke daraufhin befragt wurde, ließ er am 23.September 1988 verlauten: „Der Senator für Wissenschaft wird aber unverändert kontrollieren, wie die von der FU selbst gesetzten Fristen eingehalten werden.“
wist
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