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Wenn Genossen Posten riechen

■ Alle wollen neue Senatoren, und jeder weiß noch eine

Was ist das? Alle reden davon, aber keiner mag darüber sprechen. Richtig: Die SPD hat sich zur Beratung über ihre und des Bürgermeisters Nöte zurückgezogen. „Wenn Du schon mal Gutes tust, dann rede viel darüber“, nach dieser alten Politikerdevise mag in der SPD niemand mehr handeln. Kein Wunder.

Beispiel eins: Marlis Grotheer-Hüneke, vom Bürgermeister ausgesuchte potentielle Erbin des Bildungssenators. „Ich sag Ihnen überhaupt nichts, Sie schreiben doch was Sie wollen“, faucht die Ex-Senatorin in spe in den Telefonhörer. Recht hat sie.

Zweites Beispiel: Der sonst so smarte Fraktionsvorsitzende Claus Dittbrenner, senatorabel in Sachen Bau, kann richtig unwillig werden, wenn es jemand wagt, ihn nach seinen Zukunkftsplänen zu fragen. „Das entscheidet die Partei“, knurrt er dann. Nachfrage unerwünscht.

Drittes Beispiel: Die Senatorin Eva-Maria Lemke-Schulte, die sonst so gerne formuliert: „Ich will mal sagen“, will überhaupt nichts mehr sagen. Seit ihr das „Traumamt“ abgenommen werden soll, hält sich die Senatorin an unbekanntem Orte auf.

Reden mögen eigentlich nur noch die Unterbezirksfürsten. Und die setzen auf jeden künftigen Senatsschelm des Bürgermeisters deren anderthalbe.

Erstes Beispiel: Der Unterbezirksvorstand Nord. Der findet zwar, daß der Senat zukünftig zwölf Senatoren haben soll, will aber selbst eine Neue. Die UB-Nord'lerin Sabine Uhl soll Arbeitssenatorin werden. Qualifikation: Wohnort Bremen -Nord.

Oder der UB-Ost: Dieser Vorstand hat sich zwar an das Wahlversprechen „nur 10 SenatorInnen“ erinnert, aber doch nicht so genau. Die Variante „Lemke-Schulte muß weg, weil sie hat versagt - dafür Dittbrenner“ wurde zwar diskutiert, aber Eva ist nunmal unbeschreiblich weiblich. Und wenn es nun die Grotheer-Hünecke nicht wird, ist nur noch eine Frau im Senat. Und was sagen dann die sozialdemokratischen Frauen?

Und dann die Genossen aus dem Westen. Sie sind sozusagen die Gewinner, beerbt doch ihr Peter Sackuth den Bernd Meyer aus dem Norden im Amt. Doch damit nicht zufrieden, werfen sie dem Bürgermeister Knüppel zwischen die Beine. Auch West will es bei zehn Senatoren belassen. Dittbrenner hat ihr Vertrauen, was wiederun Lemke-Schulte mißtraut. Dafür haben die Westler schon einen Kandidaten für die Dittbrenner -Nachfolge zur Hand: Den Vorsitzenden des Krankenhausausschusses Andreas Lojewski. Heimatort: Der Westen.

Die einzigen, die ziemlich ruhig sind, sind die Bremerhavener. Schließlich haben die eine Kandidatin für die Nachfolge von Herbert Brückner zur Hand, Ilse Janz. Jetzt nicht zum Chaos beizutragen, kann da nur von Vorteil sein.

Sie wissen inzwischen nicht mehr was los ist? Macht nichts. Weiß auch der Bürgermeister nicht. Und deshalb, so meldet es der Rathaus-Flurfunk, hat er inzwischen gründlich die Lust an der ganzen Senatsumbildung verloren. Meyer durch Sackuth ersetzen, das wars dann, soll seine neuste Devise sein. Zu spät: Die Genossen haben Posten gerochen.

Rosi Roland

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