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...mehr Lesbenliteratur, fordert unsere Kritikerin, die an der abschließenden Diskussion des 1. Bremer Lesbenliteraturmonats am Freitag in den Weserterrassen teilgenommen hat: Ein Resümee ■ Von Andrea Schweers
Freitagabend. Die Weserterrassen sind rappelvoll. Eine Premiere. Zum ersten Mal kommen alle, die an der Produktion, Verbreitung und Rezeption von Lesbenliteratur beteiligt sind, zusammen:
Autorinnen, Verlegerinnen, Kritikerinnen, Buchhändlerinnen, Lektorinnen und Leserinnen. Die spannende, fast dreistündige Diskussion zum Abschluß des 1. Bremer Lesbenliteraturmonats zeigt, wie groß das Bedürfnis nach Begegnung, Austausch und Kritik rund um die, immer wieder als „mager“ bezeichnete, neue deutschsprachige Lesbenliteratur ist.
Gelegenheit auch für die Frauen vom Bremer Frauenbuchladen „Hagazussa“ (sie und nicht - wie irrtümlich gemeldet
-die Frauen des Frauenkul turhauses waren die Veranstalterinnen des Lesbenliteraturmonats, d. Red.), ein Resümee zu ziehen. An neun Abenden hatten sie aktuelle Lesbenliteratur, historische Texte und einzelne Autorinnen vorgestellt. Sie waren mit dieser „Pionier-Tat“ auch ein großes finanzielles Risiko eingegangen (bei den vielfältigen Bemühungen um Gelder von offiziellen oder „alternativen“ Stellen hatten sie erleben müssen, daß Lesben - immer noch - keine Lobby haben).
Davon abgesehen, klang die Bilanz positiv: alle Veranstaltungen waren gut besucht, durch das konzentrierte Programm entstand eine kontinuierliche Diskussion, die zugleich Anregungen gab für weitere Veranstaltungen dieser Art und diesen Inhalts. In der Abschlußdiskussion wurde
nochmals deutlich, warum das Thema so brisant ist - die Erwartungen der Leserinnen sind umfassend und von einer einzelnen Autorin kaum zu erfüllen: gerade in den Texten lesbischer Schriftstellerinnen wollen lesbische Frauen Identifikationsmöglichkeiten finden, eine Bearbeitung ihrer gesellschaftlichen und persönlichen Lebensrealität, zugleich sollen die Bücher sprachliche Qualität haben und - natürlich - nicht teuer sein.
Die geladenen Autorinnen ihrerseits schilderten ihren Kampf mit der Sprache, in der für die „verrückte Liebe zwischen zwei Frauen“ oft kein Platz ist.
Traude Bührmann („Flüge über Moabiter Mauern“) wünscht sich von Autorinnen und Leserinnen mehr Lust zum Experiment, mehr Mut, sich „durch die oberen Schichten eines Tex
tes hindurchzulesen“: „Wir müssen die Welt neu denken“, zitierte sie die franko-kanadische Schriftstellerin Nicole Brossard, die zugleich ein Beispiel für die realen Schwierigkeiten gibt, an der experimentelle lesbische Literatur scheitert: seit längerem bemüht sich Traude Bührmann um eine Veröffentlichungsmöglichkeit für die Romane und Essays von Nicole Brossard und stößt bei den deutschen Verlagen auf Ablehnung - aus Angst vor dem Risiko.
Was fehlt, ist ein Netzwerk, das die Kontakte zwischen Autorinnen und Verlagen, Werbung und Rezension fördert, junge Autorinnen durch Stipendien und Schreibwerkstätten unterstützt. Zwar sind erste Schritte getan: Die Autorinnen Chris Paul („Selbst-Verteidigung“) und Lea Morrien („Bantu“) haben ihren
eigenen Verlag („Ätna„-Verlag) gegründet und planen die Einrichtung einer deutschen Sektion der „Association of Lesbian an Gay Writers in europa“.
Susanne Amrain bietet seit 1984 in ihrem Verlag („Daphne“) vor allem Publikationsmöglichkeiten für lesbische Unterhaltungsliteratur (bisher alles Übersetzungen aus dem Englischen) und Hirike Gronewald stellte mit der „Virginia“ eine relativ neue feministische Literaturzeitschrift vor, die auch und gerade der Rezension lesbischer Texte einen großen Platz einräumt.
Aber all diese guten Ansätze können nur dann Erfolg haben und überleben, wie Susanne Amrain deutlich machte, wenn auch die Leserinnen sie unterstützen.
Also: Schreibt, druckt, kauft und lest mehr Lesbenbücher.
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