: Wo die Frauen sind, da tröpfelt's
■ Wie an „Lillemors“, den ältesten Frauenbuchladen in München, doch noch ein Kulturförderpreis verliehen werden konnte
Rund 400 Frauen nahmen vergangene Woche im Alten Rathaus in München an der Verleihung des Förderpreises für Frauenforschung und Frauenkultur an „Lillemors Frauenbuchladen“ teil. Dieser Preis wurde 1985 eingerichtet und soll alljährlich „in Anerkennung herausragender wissenschaftlicher, journalistischer oder kultureller Leistungen“ verliehen werden. 1986 ging der Preis an die F(rauen) A(kademie) M(ünchen), die insbesondere für die Belange von Wissenschaftlerinnen eintritt.
Bei der diesjährigen Preisvergabe kam es zu erheblichen Verzögerungen: Schon im Frühjahr hatte sich das Entscheidungsgremium auf „Lillemors“ geeinigt, als es plötzlich der CSU und USD (SPD-Abspaltung) dämmerte, daß das ja ein Laden sei, also ein gewerbliches Projekt. Und außerdem in den Laden keine Männer reindürfen. Aus diesem Grund verweigerten sie in der Vollversammlung ihre Zustimmung. Erst mußte durch ein Rechtsgutachten der Stadt abgeklärt werden, ob „so ein“ Projekt überhaupt förderungswürdig sei. Die Münchner 'Abendzeitung‘ verbreitete sich genüßlich über Frauen mit kurzgeschorenen Haaren, mit verwaschenen Jeans und bleichen Gesichtern, die in Gesundheitsschuhen im Krieg der Geschlechter blättern. Doch trotz dieser Stimmungsmache konnte jetzt ein halbes Jahr später nach dem positiven Ergebnis des Rechtsgutachtens der Festakt stattfinden. OB Kronawitter lobte die „lebendige Frauenkultur“ in München, an der „Lillemors“ maßgeblich beteiligt sei durch Lesungen, Ausstellungen und Projekte.
Luisa Francia, Filmemacherin, Autorin (Hexentarot) und Spiri-Frau, hielt eine zündende Laudatio, in der sie das Recht der Frauen auf eigene Räume betonte, „in denen Männer nix verloren haben und dafür auch zahlen sollen, denn das sind die Räume, die sie uns weggenommen haben“. Das war einigen nicht deutlich genug, und so ertönte der Zwischenruf: „Hey, Luisa, vergiß die Lesben nicht!“ Die „Lillemors“ selbst betonten neben ihrer Freude auch ihr „kollektives Unbehagen. Uns drängt sich die Vermutung auf, daß die Stadt sich freikaufen will von der dringenden Notwendigkeit, unser - wie auch andere - Frauenprojekt ideell, vor allen Dingen aber finanziell großzügig zu unterstützen. Das Mindeste wäre zum Beispiel, alle Frauenprojekte ohne Auflagen in die Regelförderung der Stadt zu übernehmen, um ihnen damit den Status zu geben, der ihnen zusteht und den sie bei vielen Frauen längst haben.“
Unter anhaltendem Applaus konnten die Frauen des ältesten Frauenbuchladens der BRD (seit 1975) ihre 10.000 Mark entgegennehmen. Fast genauso viel, nämlich 9.000 Mark, kostete das „Naturland-Büffett“. Wie Luisa Francia bemerkte: „Da, wo's tröpfelt, stehen die Frauen. Schörghuber (ein berüchtigter Münchner Bodenspekulant) steht da, wo's fließt.“
Christa Kickbusch
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