: „Demokratischer Wechsel“
■ Niedersachsen und seine Sozialdemokraten
Wieder Vertrauen in die Politik schaffen“, „Demokratischer Neuanfang“ - diese Floskeln sind heute bei sozialdemokratischen Saubermännern in aller Munde, zumal bei den niedersächsischen. „Die Zeit ist um, die Kraft dahin, die demokratische Erneuerung tut not“, begründete gestern der SPD-Landesvorsitzende Johann Bruns den Antrag, Ministerpräsident Ernst Albrecht durch Gerhard Schröder zu ersetzen. Und unter diesem durch die Zeit verschuldeten Schwund der Regierungskräfte sollen die „Parteien allesamt“ leiden, dieser treffe „auch Sozialdemokraten“.
Bei dem Mißtrauensvotum in Niedersachsen geht es letztlich um die CDU/FDP-Mehrheit im Bundesrat, die an der Stimme eines niedersächsischen Hinterbänklers hängt. Bleibt Albrecht erwartungsgemäß über den 19.Dezember hinaus im Amt, so wird die nächste Landtagswahl 1990 wieder die Testwahl für die Bundestagswahl sein. Bei alledem lohnt es sich, die Begründung der SPD für das Mißtrauensvotum in die Alltagssprache rückzuübersetzen. Die Übersetzung lautet: 1. Es gibt keine guten und schlechten Politiker, sondern nur verbrauchte und unverbrauchte. 2. Wenn wir Sozialdemokraten zwölf Jahre in Niedersachsen an der Macht wären, hätten wir genausoviel Dreck am Stecken wie Sie, Herr Albrecht. 3. Staatsabträglich ist es, wenn niedersächsische Wähler beim Anblick von Spitzenpolitikern im Fernsehen Haßgefühle bekommen. „Dieser Regierung traut niemand mehr, weil ihr jeder alles zutraut“, schreibt die SPD. Solch gesundes Mißtrauen kann nur ein „demokratischer Wechsel“ beseitigen.
Jürgen Voges
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