: Die Journalistin als Mitgliedin
■ Tagung des Journalistinnenbundes in Frankfurt / Streit um Resolution für Ingrid Strobl / Was verbindet die taz- mit der 'FAZ'-Redakteurin?
Auf dem graublauen Faltblatt zur Mitgliederwerbung steht eine Frage: Was will der Deutsche Journalistinnen-Bund? Ja, was will er? Die Antworten des Faltblatts (mehr Informationsaustausch, mehr Frauen in leitenden Positionen der Medienbetriebe, mehr Berichterstattung über Frauen) haben zwar bisher 210 Journalistinnen zur Mitgliedschaft bewegen können. Das Selbstverständnis ist damit jedoch noch lange nicht geklärt, im Gegenteil. Bis zur Mitgliederversammlung am letzten Wochenende in Frankfurt hatten schon viele mehr oder weniger laut über ihren Austritt nachgedacht: Auf der Jahrestagung des Vereins im Frühsommer (die taz berichtete) hatte der Journalistinnen -Bund wie ein Karriereförderungsverein für Journalistinnen in den öffentlich-rechtlichen Anstalten gewirkt, der zudem hiesigen Mitgliedern vom Vorstand allzu straff geführt erschien. „Ein Netzwerk ist was anderes als vom Vorstand ausgehende Vorgaben.“ - Dieser Einleitungssatz der Vorsitzenden Gisela Brackert (Hessischer Rundfunk) diente daher der Klarstellung.
Doch das Netzwerken fällt Journalistinnen, die sich selbst seit Jahren im Männerberuf zu Einzelkämpferinnen geschult haben, zunächst einmal schwer. Obwohl jede ähnliche Erfahrungen in der Redaktionswelt sammeln konnte, ist die gemeinsame Basis von taz- und 'FAZ'-Redakteurinnen nicht allzu groß. „Frauendiskriminierung ist keine Frage von links oder rechts“, sagt Sabine Zurmühl, freie Autorin, im Einleitungsreferat und trifft damit genau die Mehrheitsmeinung. Daß Frauen im Journalismus noch immer nicht „normal“ sind, daß sie auf bestimmte Themen in Redaktionskonferenzen „abgeschoben“ werden, daß sie in der Berichterstattung der Medien noch immer so gut wie gar nicht vorkommen, dem will keiner widersprechen. Doch sobald es darum geht, welche Kollegin in ihrer Karriere unterstützt werden soll, ist die Einigkeit schnell vorbei.
Konsens war beispielsweise die grundsätzliche Verbundenheit mit dem Feminismus: „Das ist eine Gretchenfrage, ohne ihn würden wir hier nicht sitzen“, sagt Sabine Zurmühl. Als es dann konkret um die Unterstützung der feministischen Journalistin Ingrid Strobl ging, war die Zerreißprobe da. Alle waren sie dafür, Ingrid Strobl wegen der dünnen Beweislage aus der Untersuchungshaft zu entlassen.
Doch über die Begründung in der Resolution gab es heftige Diskussionen: „Hier wird einfach ein Antrag durchgepeitscht“, während die anderen gegen „Karriere -Schicksen“ wetterten, auch wenn es dann am Ende der Versammlung „alles nicht so persönlich gemeint“ gewesen sein soll und die Resolution sogar einstimmig verabschiedet wurde. Bis zur nächsten Jahrestagung am 17. Juni 1989 in Hamburg sollen jetzt die Regionalgruppen beginnen, das „Netzwerk“ zu weben. Frauenbewußtsein jedenfalls ist reichlich vorhanden, auch der Mut, verändernd auf die Sprache einzuwirken: Selbst das (grammatisch neutrale) Mitglied mußte sich die Verweiblichung zur Mitgliedin gefallen lassen.
Donata Riedel Foto: Joachim E. Röttger
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