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Eingeboren und ausgebürgert

■ Stefan M. versteht die Welt nicht mehr: Als Tochter einer Deutschen und eines Italieners, versuchen die Bremer Behörden aus ihr eine Italienerin zu machen

Die 18jährige Stefanie M. ist von einem Tag auf den anderen ausgebürgert worden und hat jetzt nur noch Scherereien mit den Behörden: „keine Staatsangehörigkeit, keinen gültigen Ausweis, keine Lohnsteuerkarte, ich kann nicht mal ein Konto für mein Gehalt eröffnen“, klagt sie.

Vor einigen Monaten ging sie arglos zum Stadt-und Polizeiamt, um ihren neuen Personalausweis abzuholen. Statt ihr den auszuhändigen, verblüffte sie der Verwaltungsbeamte mit einem „Laut Computer sind Sie gar keine Deutsche, sondern Italienerin. Besorgen Sie sich erstmal eine Aufenthaltserlaubnis“. Stefan zeigte dem Beamten ihren abgelaufenen Personalausweis, in dem steht: „Der Inhaber ist Deutscher“. „Der ist Ihnen fälschlich gegeben worden und ist ungültig. Gehen Sie ins Ausländeramt“. Dort versucht Stefanie M. das Mißverständnis aufzuklären, geriet aber an immer unfreundlichere Beamte. „Sie machen sich strafbar, wenn Sie keine Aufenthaltsgenehmigung haben“. Gemeinsam mit ihrer Mutter versucht sie seit Monaten ohne Erfolg die Rechtslage zu klären.

Als Kind einer Deutschen und eines italienischen Vaters (der die Familie, als sie gerade zwei Jahre alt war, verließ), ist sie nach deutschem Recht Italienerin, unabhängig davon, ob sie jemals in Italien war oder bei ihrem Vater aufgewachsen ist. Rechtsanwalt Berenthal, Mitglied der IAF (Verband binationaler Familien und Partnerschaften) erklärt: „Formaljuristisch handelt die Behörde richtig“. Bis 1974 war ausschließlich die Staatsangehörigkeit des Vaters maßgeblich, seitdem geborene Kinder aus binatio

nalen Ehen können, wenn sie 18 Jahre werden, die Staatsangehörigkeit wählen. Nicht jedoch Stefanie, sie ist 1970 geboren.

Der Senator für Inneres, Döhle, schiebt die Schuld auf Stefanies Mutter. Sie hätte Mitte der 70er Jahre die deutsche Staatsbürgerschaft für ihre Tochter beantragen müssen. „Davon habe ich nie etwas gewußt“, sagt sie. Döhle: „Stand doch im Bundesgesetzblatt und war für jedermann nachlesbar“. Berenthal: „Das lese ich auch nicht regelmäßig“.

Stefanie ist kein Einzelfall. Berenthal hat häufig mit solchen Fällen zu tun. „Die Behörden verweisen auf das Versäumnis der Eltern, aber die Behörden haben es unterlassen, 1974 die betroffe

nen Familien anzuschreiben“.

Wenn die Behörden auf ihrem formaljuristisch einwandfreien, menschlich aber grotesk anmutenden Verfahren beharren, bleibt für Stefanie nur ein Weg: einen italienischen Paß zu beantragen, danach einen Antrag auf Einbürgerung stellen und gleichzeitig wieder die Entlassung aus der italienischen Staatsbürgerschaft einzureichen. Dazu muß sie gut zwei Dutzend Urkunden beibringen, außerdem kostet die Einbürgerung in der Regel 3/4 des monatlichen Einkommens. Und - einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung hat Stefanie nicht. Dies liegt im Ermessen der zuständigen Behörde.

Winfried Weber

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