piwik no script img

Wende im Bagdader Palastdrama

■ Sohn des irakischen Präsidenten gegen Kaution frei

Berlin (taz) - Iraks Präsident Saddam Hussein, der sich letzte Woche als strenger, aber gerechter Landesvater gerierte, ließ sich von den flehentlichen Bitten seines Volkes in der staatlich gelenkten Presse erweichen: Auf seine Anordnung hin wurde Sohn Udai, 24, am Montag gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt. Sunnyboy Udai hatte im alkoholisierten Zustand auf einer Nobelfete einen gleichfalls angetrunkenen Leibwächter seines Alten mit einem Stock erschlagen.

Den benebelten Zustand des Opfers hatte der Justizminister zuvor für einen weiteren Appell genutzt, den unnachgiebigen Vater zur Einsicht zu bewegen. Da die medizinische Untersuchung den hohen Alkoholpegel im Blut des Ermordeten nachgewiesen hätte, verstoße eine weitere Inhaftierung Udais gegen das Gesetz. Dergestalt entlastet, befand Udai sich wenig später auf freiem Fuß und wartet nun auf seinen Gerichtstermin. Vater Hussein sinnierte am Sonntag bereits über den „Willen Gottes“, dem der „Unglücksfall“ letztendlich zuzuschreiben sei. Da jedoch Allah kaum vor den Kadi gezerrt werden kann, dürfte das Damoklesschwert der Hinrichtung nicht mehr über dem Haupte seines menschlichen Instruments Udai schweben.

Böse Zungen behaupten allerdings - sicherheitshalber -, Udai habe bei einem früheren Motorradunfall schwere Kopfverletzungen erlitten und sei eh nicht ganz zurechnungsfähig. Dem größten Teil der irakischen Bevölkerung, dem Zugang zu den Medien versagt bleibt, wird angesichts der väterlichen Milde des Diktators immerhin ein gewisser Ausgleich geboten: Wenige Stunden vor Bekanntgabe der Freilassung Udais wurde eine Amnestie für politische Gefangene verkündet. Wieviele Häftlinge davon betroffen sind, ist bislang genauso wenig bekannt wie die Höhe der von Hussein gestellten Kaution.

Omar Sharif

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen