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Schlamp(p)ereien bei Regierung und SPD

Genosse Bauunternehmer schmiert seinen Ortsverein / Ministerpräsident Späth im Zeugenstand / Anklage wegen Subventionsbetrug / Schlampp-Anträge auf Landesdarlehen wurden „wohlwollend geprüft“  ■  Aus Stuttgart Dietrich Willier

Hans Schlampp, Chef des Mannheimer Baukonzerns SÜBA-Freie BaugesellschaftmbH&Co KG ist ein einflußreicher Mann im Südwesten. Seine Freundschaft zum baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth (CDU) ist seit dessen Mitgliedschaft im Beirat des Konzerns ungebrochen. Im SPD -Ortsverein Hockenheim ist Schlampp ein spendenfreudiger Genosse. Dank Schlampp-Spenden blieb der Stuhl von Mannheims SPD-Oberbürgermeister Gerhard Widder sicher.

Seit zwei Jahren aber gerät der Chef des größten nordbadischen Bauunternehmens in Turbulenzen. Seither wird vor dem Mannheimer Landgericht gegen städtische Bedienstete und einen Makler wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und des Subventionsbetrugs in Millionenhöhe verhandelt. Eine Anklage wegen Subventionsbetrug ist nun auch gegen Hans Schlampp zur Hauptverhandlung zugelassen. Zinsvorteile von 2,4 Millionen Mark beim Kauf einer Industriebrache zur Wohnbebauung hatte der SÜBA-Chef aus einem zinsvergünstigten Landesdarlehen erwirtschaftet; mit Unterstützung „auf höchster politischer Ebene“, wie ein Mitangeklagter meint.

Von solchen Zusagen allerdings wollte die höchste politische Ebene, Schlampp-Freund Lothar Späth, bei seiner Zeugenvernehmung vor den Mannheimer Richtern am vergangenen Montag nichts wissen. „Wohlwollende Prüfung“ des Schlampp -Antrags auf ein zinsverbilligtes Vorfinanzierungsdarlehen des Landes in Höhe von 10 Millionen hatte Späths Innenministerium empfohlen. Wohlwollende Prüfung erwartete Mannheims OB. Auf „wohlwollende Prüfung“ entschied Späth nach einem Gespräch mit OB Widder am 2.November 1984. Eine „Weisung“ seinerseits, so Späth am Montag vor Gericht, habe es nicht gegeben.

Das Wohlwollen war grenzenlos, Späth-Freund Hans Schlampp erhielt sein Geld fünf Monate später. Mit Freund Schlampp, so Späth vor Gericht, habe er freilich über solche Sachen nie gesprochen: „Das war nie üblich in meinen zehn Jahren als Ministerpräsident.“ Auch in seinem Terminkalender fand Baden-Württembergs Ministerpräsident keinerlei Anhaltspunkte über ein Gespräch mit Schlampp wegen Darlehen. Ob Bürgermeister Widder ihm gesagt habe, für wen das Landesdarlehen sei, daran kann sich Späth nicht erinnern. Zwar habe er im Mai 1985 erfahren, daß Freund Schlampp das Geld erhalten hatte, gesprochen darüber, so Späth, „haben wir erst im Sommer dieses Jahres“. Ein Problem, so Späth vor Gericht, sei immer nur die Höhe, nie aber die rechtliche Grundlage für das Darlehen gewesen. Die baden -württembergische SPD-Führung sieht genügend Gründe, Schlampps Mitgliedsrechte ruhen zu lassen.

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