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Angekündigtes Go-in

■ Arbeitsloseninitiativen protestierten im Arbeitsamt gegen Bedürftigkeitsprüfung mit Hausbesuchen und Amtshilfe

„Ämtertag“ der Arbeitslosenini tiativen im Rahmen einer Aktionswoche „gegen Arbeitslosigkeit und Armut“: Mit Sketchen, Transparenten und Doppeldeckerplakaten statteten gestern gut 30 arbeitslose BremerInnen den Herren Eckert und Domino (Chefs der Leistungsabteilung und des Gesamtarbeitsamtes) einen angekündigten Besuch ab. Damit hielten sie die einfachen Regeln der Höflichkeit ein. Den Beamten des Arbeitsamt -„Außendienstes“ werfen sie das Gegenteil vor. Unangekündigt stehen sie auch mal vor den Türen von Eltern der Arbeitslosen, um dieselben in die finanzielle Pflicht zu nehmen. „Aufklärendes Gespräch“ nennt sich dies offiziell.

Nach einem wegweisenden Urteil des Bundessozialgerichts, das Anfang September das Arbeitsamt zur elternunabhängigen Auszahlung der gesamten Arbeitslosenhilfe verdonnerte, jubelte die Bremer „Arbeitsgemeinschaft arbeitsloser Bürger“ (AGAB) noch: „Eltern haften nicht mehr für ihre Kinder.“ Und der Chef der Leistungsabteilung des Bremer Arbeitsamtes, Lothar Eckert, empfahl in einem Gespräch mit der taz, Widerspruch gegen bereits ergangene Bescheide einzulegen.

Doch geändert hat sich an der Vergabepraxis bislang gar nichts. Chef Domino behauptete sogar, noch nicht einmal das Urteil zu

haben und bekam es dann postwendend überreicht. Noch immer werden die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Verwandten- und Bekannten geprüft, um eventuell unterhaltspflichtige Beziehungen herauszusieben und damit Geld für die Bundesanstalt zu sparen.

Gerade bei zuletzt niedrigen Einkommen der Arbeitslosen und relativ hohen der angeblich Unterhaltspflichtigen können die Betroffenen leicht nur Anspruch auf ein Taschengeld vom Arbeitsamt haben. Oder schlimmer: Sie fallen ganz aus dem Leistungsbezug und damit auch aus allen Förderungsmaßnahmen heraus. Überwiegend sind Frauen betroffen, die nach dieser „Bedürftigkeitsprüfung“ wieder auf die traditionellen Fangnetze (Mann oder Vater) verwiesen werden.

Klappt der persönliche Einblick in die Familie nicht, kennt das Arbeitsamt noch einen leichteren Weg, an elterliche Einkommen zu gelangen: die „Amtshilfe“. Das Finanzamt wird um Auskünfte gebeten, die Abzüge von der Arbeitslosenhilfe werden entsprechend dieser Angaben vorgenommen. Egal ist dabei, ob die Eltern überhaupt den vorgesehenen Beitrag zur Unterstützung ihrer arbeitslosen Kinder leisten. Statt dieser Sippenhaftung fordern die Arbeitsloseninitiativen eine Mindestsicherung für alle.

dob

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