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Spielbankaffäre Mainz: Aufklärung scheibchenweise

Erörterungen im Innenausschuß des rheinland-pfälzischen Landtags haben Nebel um Konzessionsvergabe für Spielbanken in Mainz, Trier und Bad Ems mehr verdichtet als gelichtet / SPD-Fraktion beschließt Untersuchungsausschuß zur Affäre  ■  Aus Mainz Fabian Fauch

Ein Untersuchungsausschuß des Mainzer Landtags soll bald das noch andauernde Ermittlungsverfahren in der rheinland -pfälzischen Spielbank-Affäre ergänzen. Das beschloß die SPD -Fraktion Mitte dieser Woche kurz vor dem Abschieds-Defilee des abgeschossenen Mainzer Ministerpräsidenten Bernhard Vogel (CDU). Der Antrag wird in der ersten Januarhälfte gestellt.

Die Vorgänge um die Konzessionsvergabe für die Spielbanken Mainz, Trier und Bad Ems zwischen 1983 und 1987 sind nach Ansicht der SPD im Landtagsinnenausschuß nur scheibchenweise und unvollständig dargelegt worden. Jüngster Anstoß für die SPD-Forderung war der Bericht des Mainzer Finanzministers und Vogel-Nachfolgers Carl-Ludwig Wagner (CDU) vor dem Ausschuß. Wagner verstrickte sich erneut in Widersprüche bezüglich der Lizenzvergabe für rheinland-pfälzische Spielbanken. Zudem wollte er wichtige Fragen entweder nur in vertraulicher Sitzung beantworten oder er konnte den erfragten Vorgang nicht mehr nachvollziehen.

Die neuen Ungereimtheiten bei der Vergabe der Spielbankerlaubnis können von Interesse sein für die Koblenzer Staatsanwälte. Diese ermitteln gegen Wagner und den früheren Mainzer Innenminister Kurt Böckmann (CDU) wegen des Verdachts der Bestechlichkeit sowie gegen den Ex-Chef des Alzeyer Massa-Konzers, Karl-Heinz Kipp, wegen des Verdachts der Bestechung. Wagner und Böckmann entschieden zwischen 1982 und 1986 über die Lizenzen für neue Spielbanken in Mainz, Bad Ems und Trier. Kipp erhielt 22 Prozent der Spielbank-anteile. Er zahlte 1986, wenige Monate nach der Konzessionsvergabe, 100.000 Mark in die Kasse der CDU. 20.000 Mark davon erhielt der rheinland-pfälzische CDU -Kreisverband Alzey/Worms. Wie die taz erfahren hat, bekam die dortige SPD nur bis 1983 Spenden von Kipp. Bisher hatte es geheißen, Kipp habe 1986 allen Parteien gespendet.

Wagner wiederholte, er habe nicht um Spenden verhandelt, davon erst aus der Presse erfahren. Er „erwarte“, daß das Verfahren gegen ihn bald eingestellt werde. Die Ermittler mochten dies indes noch nicht bestätigen. Der mitverdächtigte Böckmann schweigt weiter, scheut von sich aus die Presse oder bekam Redeverbot von der CDU. Sein Nachfolger Rudi Geil (CDU) gibt nur Auskünfte nach Aktenlage.

Wie Wagner schilderte, wurden die Pläne der Mainzer Landesregierung, neue Spielbanken zuzulassen, erst im „März 1984“ durch „Berichte im Südwestfunk und in der Mainzer 'Allgemeinen Zeitung'“ bekannt. Wie Wagner weiter aber darstellte, trat der Berliner Baulöwe und spätere Spielbanken-Beteiligte Friedrich Schröder schon im Juni 1983 mit einer „Gedankenskizze“ für neue Spielbanken an die Landesregierung heran. Im August 1983 folgte sogar ein „ausführliches Gutachten“ dazu, das keine Unterschrift trug, dem Finanzminister dennoch vertrauenswert erschien. „Es könnte sein, daß Herr Liebs aus Bad Homburg dieses Gutachten gemacht hat; er hat es aber nicht unterschrieben“, so Wagners einziger Kommentar.

Angesprochen darauf, woher Schröder vorab von den Plänen wußte, widersprach sich der Finanzminister. Hier drei seiner Versionen: „Es läßt sich nicht mehr genau ermitteln, wie Herr Schröder davon erfahren hat.“ - „Pressemitteilungen über neue Aktivitäten für die Gründung von Spielbanken gab es schon im Spätjahr 1982.“ Den Beleg dafür blieb Wagner bislang schuldig. - Und auf die Frage des Grünen -Abgeordneten Gernot Rotter, ob Schröder durch „Beziehungen“ früher als andere von den Plänen gewußt habe, betonte Wagner: „Die Antwort lautet: Ja.“ Die Tätigkeit Schröders als Erbauer und Betreiber von Kliniken „hat ihn in Kontakt gebracht“ mit Beamten des Finanzministeriums.

Die Schröder-Gruppe war Wagner anfangs für rund 70 Prozent der Spielbankanteile gut, erhielt aber nach Widerstand aus der CDU-Fraktion „nur“ 33 Prozent. Genauso kräftig wurde die „KuK GmbH“ beteiligt. An dieser KuK hält Kipp zwei Drittel, der Medienmanager Eckhard Kentsch ein Drittel. „Kentsch paßte“, so ein Mitbewerber, „ins medienpolitische Konzept der CDU.“ Derzeit sitzt der Mainzer Medienprinz jedoch in Wiesbaden auf der Anklagebank. Er muß sich wegen des Vorwurfs der „Untreue und Betrugs“ im Zusammenhang mit dem Verkauf einer hessischen Tageszeitung verantworten.

Wagner wiederholte, das mit Kentsch habe man ja damals nicht ahnen können. Bei Schröder, so der Finanzminister vor dem Innenauschuß, „habe ich mir die Mühe gemacht, Erkundigungen einzuziehen, und zwar durch einige persönliche Telefonate mit Stellen in Berlin, denen ich zutraute, ein Urteil über diese Firma zu haben“. Eine Adresse für Wagners Anrufe könnte der Berliner Wirtschaftssenator Pieroth (CDU) gewesen sein, ein gebürtiger Rheinland-Pfälzer - wie übrigens auch Schröder, der aus der Nähe von Kipps Heimat stammt. Die Informationen, die Wagner aus Berlin erhielt, seien „immer sehr“ gut gewesen, bezüglich Schröders „Korrektheit“, seiner „Dynamik und Tüchtigkeit“.

Über weitere Eigenschaften Schröders berichtete die taz bereits 1984. Damals ging es um öffentliche Wohungsbauförderung in Berlin-Lichtenrade und Berlin -Lankwitz. Die taz veröffentlichte einen Drohbrief Schröders an die beiden Senatoren Franke und Kunz, der zeigt, mit welch harten Bandagen der Baulöwe kämpfte: „Leider wurden die von Ihnen, sehr geehrter Herr Senator Franke, gegebenen Zusagen und Bestätigungen nicht beziehungsweise nicht vollständig eingelöst. Obwohl wir in der Zeit vom 3.10. bis 21.12.1983 ausweislich unserer Akten 128 Telefonate (!) sowie eine Vielzahl von Gesprächen mit dem Ziel führten, (...) die Einlösung der uns gegebenen Zusagen und Bestätigungen sicherzustellen.“ Schröder drohte sogar damit, vom säumigen Senat Schadensersatz zu verlangen.

Der Spielbanker Schröder ist nur eine Schiene von Mainz nach Berlin. Die zweite ist zu finden in der „Spielbank Bad Neuenahr GmbH“, die auch in Mainz, Trier und Bad Ems mit zehn Prozent beteiligt wurde. Einige der Bad Neuenahrer Spielbanker sind zugleich in Berlin beteiligt. Gerade aber die Berliner Spielbank ist ins Gerede gekommen: 53,9 Prozent der Spielbankanteile gehören mittlerweile 20 Unterbeteiligten.

Der Senat kennt sie, gibt sie jedoch nicht preis. Zitat aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des FDP -Abgeordneten Hermann Oxfort: „Der Senat sieht sich gehindert, weitere Angaben über die Unterbeteiligten zu machen, da hierdurch schützenswerte Interssen der Beteiligten verletzt werden würden.“ Sind die Berliner Verhältnisse auch in Rheinland-Pfalz gang und gäbe? Wagner sagte, in Mainz, Trier, Bad Ems gebe es keine Unterbeteiligungen. Zu Bad Neuenahr indes äußerte er sich jedoch nicht. Der Untersuchungsausschuß wird auch dieses Kartell beleuchten müssen.

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