INSEL MUSIK INSEL

■ Konzert mit dem Clementi-Trio Köln beim SFB

Die Konzertreihe wird seit zehn Jahren vom Verein „Musik Projekte Berlin e.V.“ veranstaltet und versucht nicht, „durch täuschende Verpackung ein neues Publikum für die angeblich ungeliebten Innovationen der neuen Musik zu gewinnen“, sondern spricht Musikinteressenten an, die bereit sind, sich mit dem Neuen auseinanderzusetzen und der Intention des Programms, der „Besinnung auf das Geistige in der Kunst und auf ihre Autonomie“ zu folgen. Eröffnet wurde die 15. Insel Musik am Freitag mit einem abwechslungsreichen Konzert im Kleinen Sendesaal des SFB durch das 1979 gegründete Clementi-Trio (Daniel Spektor: Violine; Manuel Gerstner: Violoncello und Deborah Richards: Klavier), das bekannt ist für Interpretationen und Uraufführungen zeitgenössischer Musik.

Die Transzendenz eines tragischen Moments durch die Liebe, ist Inhalt und Idee des Gedichts „Verklärte Nacht“ von Richard Dehmel, das Arnold Schönberg 1899 seinem Streichsextett op. 4 zugrunde legte. Das Werk, das Schönberg noch zweimal für Streichorchester bearbeitete, liegt vor den dodekaphonen Ideen des Komponisten und knüpft harmonisch an Wagner und Mahler an.

Am Freitag wurde eine Fassung von Eduard Steuermann aus dem Jahre 1932 zu Gehör gebracht, der dem Umfeld des Wiener Schönberg-Kreises angehörte. Die programmatischen Vorstellungen Dehmels bekommen durch diese Besetzung einen ungewohnten Charakter. Aber die Darstellung spannungsvoller Stimmungswechsel, besonders von gefälligem Wechselspiel zwischen den Streichern zur Coda, mit der Wiederaufnahme von mystifizierten Anfangsthemen und dem kraftvoll strahlenden D -Dur-Schluß, übermittelten dem Publikum durch exakte tonliche Farbgebung des Ensembles deutlich Ungewißheit, Betroffenheit und tiefes Glück des Werkes.

Das Piano-Trio Christian Wolffs (Professor für Altphilologie und Musik) aus dem Jahre 1934, führt im Titel die Namen der drei bekanntesten Frauen-Friedenslager: „Greenham, Camiso, Seneca“. In den drei kurzen Stücken wird das englische Lied „We must choose“, konzipiert für eine kostenlose Abtreibungskampagne und Peter Seegers „Step by Step“ verarbeitet. Höchsten intellektuellen Anspruch fordert Zoltan Jeneys (1943) „Variation on a theme by Christian Wolff“ von den Musikern und dem Publikum dieses Stückes, dessen Ästhetik in der Konzeption liegt: „Each player makes about 511 different sounds.“ Den Abschluß des Abends bildete Charles Ives Trio, das in den Jahren 1904 bis 1911 entstand. Auch hier gelang es den Kölner Kammermusikern den Umgang mit avantgardistischem und trivialem Material in eindrucksvoller Form zu präsentieren. Wer Einblicke in diese geistig und technisch höchst anspruchsvolle Musik gewinnen möchte, sollte die Sendungen im Abendprogramm der SFB 3 vom 25. bis 27. Januar 1989 verfolgen, in denen Ausschnitte aus der 15. Insel Musik vorgestellt werden.

Axel Körner