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Ewiger und ferner Frauenkörper

■ Bis zum 25. Januar ist im Fotoforum Böttcherstraße eine Ausstellung mit Fotos vieler schöner nackter Frauen zu sehen: Eine Ausstellung von Ruth Bernhard und Karin Szekessy

Dicht bei der heißen Vorweihnachtsmeile Bremens liegt ein Ort, der immer einen Stuhl zum Sitzen und Nahrung fürs Auge hat: das Fotoforum Böttcherstraße. Bis zum 25.1. hängen dort Fotos schöner nackter Frauen, vulgo und knöchern „Akte“ genannt.

Die konzeptionelle Besonderheit dieser Ausstellung - das Forum zeigte uns schon „Männer sehen Männer“ und „Ansichten vom Körper im technischen Zeitalter“ - ist die Konfrontierung zweier weiblicher Blickweisen auf den Frauenkörper: die 83jährige Altmeisterin der Fotografie, Ruth Bernhard, zeigt unter dem Titel „The Eternal Body“ ihre kontemplativen Inszenierungen des weiblichen Körpers mittels klassischer Pose und Lichtregie. Dagegen gesetzt werden die lebhaft-beunruhigenden Momentaufnahmen („Der besondere Augenblick“) der 49jährigen Fotojournalistin und Werbefotografin Karin Szekessy. Szekessy bewegt ihre Models, scheucht sie in pittoreskes Ambiente, verzerrt sie weitwinklig, maskiert sie, setzt sie untereinander in Beziehung.

Während Ruth Bernhard souverän und ruhig mit Licht und Kamera weibliche Körperlandschaften durchfährt und erstaunliche, hochästhetische Linien und Formen, Ansichten und Durchsichten findet, reibt sich die Jüngere offensichtlich an den Vorgaben der männerdominierten erotischen Fotografie. Der niedlichen Sonnengebräunten in melancholischer Provencelandschaft verpaßt Szekessy eine grellweiße Gipsmaske. Oder: das Busenwunder mit weitaufgerissener Bluse erhält per Superweitwinkel dermaßen lange Beine und Riesenfüße, daß jeglicher wohlgefällige erotische Genuß durchaus gestört wird.

In diesem Punkt treffen sich die beiden Fotografinnen: in der gelungenen Austreibung der Erotik aus dem Bild des nackten Körpers der Frau. Bernhard entrückt ihre Frauen ins Klassisch-Ewiggültige und hält ihnen damit alles Schmutzig -Erdige, auch das der Projektionen, vom Leib. Ihre Serie „Embryo“ zeigt z.B. eine eingerollte Frau in einer riesigen Schale. Frau als Embryo, als geometrische Form („Curvilineal“),

als blumig-transparente Schwangere (Doppelbelichtung).

Szekessy, hierzulande recht bekannt durch Mitarbeit bei Twen, Avantgarde, Spiegel, Architektur und Wohnen, Zeit-Magazin, inszeniert professionell („out -of-focus„-Technik) eine surreale Traumwelt, in der das Schmuddelambiente zerfallender Zimmer und brüchigen Mobiliars die Ferne der reinen Frauenwesen noch unterstreicht. Irritierendes Ergebnis dieser Ausstellung ist, daß die bei solcher Thematik erwarteten erotischen Vibrationen sich von den Körpern abgesetzt haben. Überraschenderweise finden sie sich aber in den wenigen, exemplarischen Stilleben beider Fotografinnen, wo Zwiebeln zu sehen sind und Muscheln, Blätter und nicht zuletzt ein Spüllappen, der es in sich hat. Dieser Lappen, auf einem undatierten und titellosen Bild von Bernhard, ist so raffiniert eingerissen, daß er unübersehbar die Form jenes ewig gebärenden, ewig verschlingenden eternal magic triangle freigibt. Ein Erotikum!

Burkhard Straßmann

Bis zum 25.1.89

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