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Wende in Memmingen?

■ 1.Freispruch im Berufungsverfahren um Abtreibung Soziale Indikation von bayerischem Gericht anerkannt

Berlin (taz) - Als eine „Wende“ in den Abtreibungsprozessen in Memmingen werten die SPD und die Grünen in Bayern den Freispruch in einem § 218-Berufungsverfahren Dienstag abend. Die 28jährige Magdalena Federlin war in erster Instanz vor dem Amtsgericht zu 900 Mark Geldstrafe oder 30 Tagen Haft wegen illegalen Schwangerschaftsabbruchs verurteilt worden. Als einzige der über 150 in Memmingen verurteilten Frauen ging sie an die Öffentlichkeit und wagte eine Berufungsverhandlung vor dem Landgericht.

Der Vorsitzende Richter Stefan Falckenberg erkannte nun, daß eine soziale Notlage vorgelegen habe. Die Argumentation des Staatsanwalts Krause, Magdalena Federlin hätte ihr Kind doch zur Adoption freigeben und damit eine Abtreibung verhindern können, wies der Richter zurück. Er hält solch ein Verfahren für „nicht zumutbar“. Auch könne von einer ungewollt Schwangeren nicht verlangt werden, das Kind auch dann auszutragen, wenn ihr Lebensweg und ihre Lebensplanung dadurch ernsthaft gefährdet werde. Dies aber sei bei Magdalena Federlin, die bereits ein kleines Kind hatte und sich gerade beruflich selbständig machte, der Fall gewesen. Die staatlichen Hilfen, auf die der Staatsanwalt wiederholt hinwies, hielt der Richter bei einer Notlage für „nicht mehr als einen Tropfen auf den heißen Stein.“

Die SPD lobte „den Mut eines bayerischen Richters, offen auszusprechen“, was seit Reformierung des § 218 Recht und Gesetz sei. Für die Grünen erklärte die Landtagsabgeordnete Margarete Bause, die Bayerische Staatsregierung sei „mit diesem Urteil endlich in ihre Schranken verwiesen worden.“ Leider seien sehr viele der verurteilten Frauen so eingeschüchtert, daß sie nicht wie Magdalena Federlin Rechtsmittel eingelegt hätten.

GS Prozeßreportage Seite 5

Kommentar Seite 4

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