: Ein Zeuge aus der Grauzone
■ Im Brandstiftungsprozeß machte einziger Belastungszeuge Probleme wegen Glaubwürdigkeit / Aussage braucht staatsanwaltschaftliche Bestätigung / Offenbarung beim Staatsanwalt
Mit zwei gerichtskundigen Zeugen versuchte die Staatsanwaltschaft gestern im Brandstiftungsprozeß gegen Wolfgang Kind und Werner Hildebrandt, die Glaubwürdigkeit ihres Hauptbelastungszeugen Rainer Brühl zu erhärten. Ein Stuttgarter Staatsanwalt und der aus dem Antes-Prozeß bekannte Richter Hagen Hillebrand wurden nach ihren Eindrücken von Brühl befragt.
Als einziger in einer langen Reihe von Zeugen will der Stuttgarter Geschäftsmann von Werner Hildebrandt gehört haben, der Dachstuhlbrand in einem Haus in der Lietzenburger Straße, bei dem 1984 ein Mann ums Leben kam, sei auf Wolfgang Kinds und Hildebrandts Anregungen gelegt worden. Doch Brühl hatte zum ersten Mal offenbart, was er von der angeblichen Brandstifung Hildebrandts wußte, als er zusammen mit diesem auf der Anklagebank saß. Seine Glaubwürdigkeit ist deshalb umstritten.
Wie Hildebrandt war auch Brühl 1985 der Beihilfe zum schweren Raub angeklagt. Brühl hatte damals von Hildebrandt eine Waffe besorgen lassen, mit der drei Freunde von ihm wenig später bei einem Tankstellenüberfall in der Nähe von Stuttgart eine Frau erschossen. Brühl jedoch wurde nicht in Stuttgart, sondern in Berlin angeklagt und machte hier bereits nach dem ersten Prozeßtag eine „innere Wandlung“ durch, wie Richter Hillebrand gestern meinte.
Er offenbarte Staatsanwalt Fätkinheuer unter anderem, was er von dem Feuer in der Lietzenburger Straße und der angeblichen Beteiligung Hildebrandts und Kinds wußte. Daß aber Brühl wegen der Waffenbeschaffung in Berlin und nicht wie die Aussagen seiner drei Freunde nahegelegt hatten - in Stuttgart angeklagt wurde und mit einer vierjährigen Haftstrafe davonkam, rechtfertigte der Stuttgarter Staatsanwalt Volker Link gestern damit, daß er den Fall Brühl in Berlin „gut aufgehoben“ wähnte.
Auf Nachfrage von Rechtsanwältin Grunow-Seidel mußte er allerdings einräumen, daß den Aussagen der drei Raubmörder zufolge Brühl in Überfallpläne „konkret mit eingespannt“ gewesen sei. Wie Brühl in dem Berliner Verfahren einigermaßen glimpflich davonkam und in das Stuttgarter Verfahren gar nicht einbezogen wurde, versteht aber bis heute nur Staatsanwalt Fätkinheuer so recht.
Werner van Bebber
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