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Abfall für die Hungernden

■ Alternatives Ernährungsprogramm von Kirche und Provinzregierung in Brasilien

Rio de Janeiro (ips) - Mit Abfällen wie Eierschalen, Weizenkleie und Gemüseschalen und -blättern wollen die Kirche und die Provinzregierung im nordost-brasilianischen Bundesstaat Bahia gegen die Unterernährung der Kinder vorgehen.

Tausende Kinder in 25 Kinderheimen in Salvador, der Hauptstadt Bahias, sollen von dem Ernährungsprogramm profitieren. „Es handelt sich gar nicht um eine Ersetzung der üblichen Nahrung, sondern nur um eine Ergänzung“, sagt Eliana Quadros, Direktorin des Sozialamtes, das das Programm gemeinsam mit der Kirche durchführt.

50 Prozent der 300.000 jährlich verhungernden Kinder stammen aus der verarmten Region im Nordosten Brasiliens, heißt es in einer Studie des Nationalen Ernährungsinstituts (INAM) von 1987. Die Region, in der 30 Prozent der Brasilianer leben, weist die höchste Kindersterblichkeit auf.

Vor vier Jahren stieg die Provinzregierung in das unter der Ägide der katholischen Kirche laufende Projekt ein. Eine damals durchgeführte Untersuchung von 2.500 Kindern stufte 41 Prozent als unterernährt ein. Zu den Hauptursachen gehören vor allem die Unterernährung der Mütter während der Schwangerschaft und die kurze Stillzeit. Noch bevor die Säuglinge das zweite Lebensjahr vollendet haben, so eine INAM-Untersuchung, entwöhnen die Mütter ihre Babys, weil sie zurück an ihre Arbeitsplätze müssen.

Das Bahia-Programm wird auch vom Weltkinderhilfsfonds (UNICEF) gefördert. Das Projekt sei insbesondere auch deswegen vorteilhaft, weil es Aufklärungsarbeit bei den Eltern leiste, so die UNICEF-Beraterin Clara Brandao.

Dennoch stößt die Initiative nicht überall auf Gegenliebe. „Vor allem ist es notwendig, die Vorurteile abzubauen und den Wirtschaftsgruppen Widerstand zu leisten, die an unseren Aktivitäten nicht interessiert sind“, meint Brandao. So seien die Organisationen zum Beispiel von einem Politiker beschuldigt worden, „Schweinefraß“ zu verteilen. Dabei, so die UNICEF-Expertin, können die angebotenen Nahrungsmittel durchaus mit dem Nährwert von Fleisch, Milch und Bohnen mithalten.

„Die Kinder lehnen die Speisen nicht ab, fragen nicht nach den Zutaten und essen mit normalem Appetit“, erzählt die Projekt-Mitarbeiterin Miriam Saldanha. „Sie haben nun viel mehr Vitalität.“

Die Alternativernährung soll nicht nur Unterernährung, sondern damit einhergehend auch Krankheiten wie Diarrhoe oder Parasiten verhindern. Laut Daten der katholischen Kirche sind zahlreiche chronische Leiden Folgen der ungenügenden Ernährung.

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