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Kafkaeske Mauern-betr.: "Egon Erwin Kisch", taz vom 10.12.88

betr.: „Egon Erwin Kisch“,

taz vom 10.12.88

Diesen faden, langweiligen und naiven Artikel über Kisch hättet Ihr Euch sparen können, dann noch Kafka zu denunzieren, ist eine Unverschämtheit.

Der Typ, der den Artikel geschrieben hat, hat wirklich nichts kapiert. Gerade heute sind die kafkaesken Mauern doch überall zu spüren und beileibe kein Ergebnis irgendwelcher persönlicher Imaginationen. Oder Träumereien. Ausgrenzungsmechanismen kann man die Mauern heute nennen. Je schicker die Szene, desto subtiler.

War das Schloß früher eventuell die bürgerliche Gesellschaft, deren Riten und Gesetze allein in Kafkas Kopf wirkten, so ist es heute jede blöde revolutionäre Zelle und jede Disko, die zur uneinnehmbaren Festung werden kann, nimmt man ihre Spiele so ernst, wie ein ernsthafter Mensch es eben tut. Und damit sitzt er „denen“ aber schon auf.

Die Erfahrungen des Draußenstehens sind zwar persönlich erlebte, die Kafka sehr gut darstellen konnte, aber eben auch bedingt durch äußere politische Gewalten. Identität dann nur noch über Psychose (die Verwandlung) zu erlangen und Ventil im Schreiben (unterstelle ich mal) zu haben, dann am Boden zu bleiben mit Arbeit, das war Kafkas Leben.

Dora Diamant, Worms

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