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Fresh Money für die Frauenforschung?

■ Wissenschaftlerinnen diskutieren bundesweite Fördermodelle für die weibliche Wissenschaft

Für die streikenden Studentinnen ist eine Forderung zentral: mehr feministische Forschung an den Unis. Wie sehr diese ein Schattendasein führt, zeigte eine Fachkonferenz von 150 Wissenschaftlerinnen dieser Tage in Berlin. Der Frauenforschung fehlt es an personeller und finanzieller Absicherung, Einrichtungen wie die Deutsche Forschungsgesellschaft zeigen die kalte Schulter. Aber es ging nicht nur um eine Bilanz des Jammers, sondern auch um Wege der Abhilfe. Diskutiert wurde unter anderem ein „Weiblicher Bildungs- und Wissenschaftsrat“ und die Utopie einer „Frauenhochschule“.

Carola von Braun, die Frauenbeauftragte des Berliner Senats, machte keine Anstrengung, Wut und Verbitterung zu verbergen: „Die Hochschulen sind heute der langsamste und schwerfälligste Bereich für Frauenförderung überhaupt.“ „Bittere Erkenntnisse“, wie Carola von Braun formulierte, brachte vor allem der erste Teil der Tagung „Chancen und Möglichkeiten bundesweiter Fördermodelle für Frauenforschung.“ Dabei ging es vor allem darum, wie das „Gesamtunternehmen Frauenforschung“ sowohl innerhalb als auch außerhalb der etablierten Einrichtungen institutionell abgesichert werden könnte. Ausgerichtet hatte die Tagung der Arbeitskreis wissenschaftlich und künstlerisch tätiger Frauen Berlin (West).

Was hat die Frauenforschung bislang erreichen können, hieß die Ausgangsfrage am ersten Tagungstag. Wenig bis nichts, so die bittere Bilanz. Der Anteil von Professorinnen liegt bei 4,5 Prozent. Nur eine Handvoll von ihnen sitzt auf Stellen, die explizit für Frauenforschung eingerichtet wurden. Die wenigen Frauenforscherinnen in der Bundesrepublik haben sich diesen Schwerpunkt meist selbst gewählt und in ihr Fach integriert. Aus Erziehungswissenschaftlerinnen , Soziologinnen etc. sind Frauenforscherinnen geworden. Die Festlegung auf eine Definition wird dabei abgelehnt. Aber zentral ist für Frauenforschung die Forschung über das Geschlechterverhältnis, und zwar in allen Disziplinen.

Wissenschaftlerinnen, die sich feministischer Forschung verschreiben, ist im Gegenteil der Weg in die Institutionen oft versperrt. Das zeigen etwa die Erfahrungen der Linguistik-Professorin Luise Pusch. Nach über 100 Bewerbungen um eine Professur in den letzten zehn Jahren ist sie noch immer ohne feste Stelle: „Für feministische Linguistik ist die Uni dicht.“ Dabei bestehe zwischen dem großen öffentlichen Interesse an der Thematik und der Nicht -Förderung ihrer Forschungen eine deutliche Diskrepanz. Doch auch in den Forschungseinrichtungen außerhalb der Hochschulen und Universitäten findet Frauenforschung keinen sicheren Ort. Im Bereich der etablierten Forschungseinrichtungen wie den Max-Planck-Instituten, den Fraunhofer-Instituten, den Bundesinstituten oder den Einrichtungen, die auf der sogenannten „Blauen Liste“ (von Bund und Ländern geförderte Einrichtungen) stehen, konnten gerade zehn Forschungsprojekte gefunden werden, die im weitesten Sinne der Frauenforschung zugerechnet werden können. Autonome Frauenforschungseinrichtungen, wie das Frauenforschungs-, Informations- und Bildungszentrum (FFBIZ) in Berlin oder die Frauen-Akademie F.A.M. in München dagegen müssen ohne ausreichende finanzielle Absicherung arbeiten.

Auch von den etablierten Forschungsförderungs -Einrichtungen, wie etwa der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) oder der Stiftung Volkswagenwerk, wird Frauenforschung kaum gefördert. Unter den GutachterInnen der DFG, deren Beurteilungen über die Mittelvergabe entscheiden, finden sich bei 373 Fachgutachtern nur 9 Frauen. Als Schlag ins Gesicht wurde die erst unlängst erfolgte Ablehnung der DFG zur Einrichtung eines Frauenforschungsschwerpunktes unter dem Titel „Konfliktpotentiale und Veränderungschancen in den gesellschaftlichen Geschlechterverhältnissen“ bewertet. Die Arbeit an diesem Antrag, der unter anderem von der Politologin Carol Hagemann-White erstellt wurde, hatte die Frauen mehr als zwei Jahre gekostet.

Wir wollen Milliarden

„Schluß mit der Bescheidenheit“, forderte trotz dieser negativen Bilanz die Frauenbeauftragte des Saarlandes, Otti Stein. Die Frauen sollten sich nicht mehr mit Mini -Förderungsprogrammen wie zum Beispiel dem des Berliner Senats zufrieden geben. 500.000 Mark hatte der Berliner Senat in diesem Jahr der Forschungsförderung zur Verfügung gestellt, in den folgenden Jahren werden es bis zu zwei Millionen sein. Bereits in der ersten Durchlaufphase des Programms sind jedoch Forschungsanträge in Höhe von 20 Millionen Mark eingegangen. „Wir wollen nicht Milliönchen, wir wollen Milliarden, besser noch die Hälfte von allem“, fordert deshalb auch Otti Stein. Aber wie soll die Frauenforschung auf den Weg gebracht werden? Verschiedene alternative Modelle wurden auf der Tagung diskutiert und konkretisiert: So wurde die Einrichtung einer „Arbeitsgemeinschaft autonomer Frauenforschungseinrichtungen“ beschlossen. Die Arbeitsgemeinschaft will eine „Lila Liste“ der Frauenforschungsprojekte erstellen, um auf diese Weise eine institutionelle Förderung auch der autonomen Forschungseinrichtungen zu erreichen.

Des weiteren soll ein „Weiblicher Bildungs- und Wissenschaftsrat“ gegründet werden. In dieser Einrichtung sollen zum Beispiel die Gleichstellungsbeauftragten der Länder, Vertreterinnen verschiedener Wissenschaftsdisziplinen, Frauen aus Forschungseinrichtungen und Frauenprojekten vertreten sein. Aufgabe des Weiblichen Wissenschaftsrates wäre die Entwicklung von Rahmenrichtlinien für Frauenforschungsförderung und die Einflußnahme auf die Bund-Länder-Kommission für Bildung und Forschung. Für die bestehenden Einrichtungen zur Forschungsförderung wurde eine Quotierung sowohl in der Mittelvergabe als auch in der personellen Besetzung gefordert. Last not least wurde über die Einrichtung einer „Stiftung Frauenforschung“ nachgedacht. Doch ohne stärkeren politischen Druck - darin waren sich alle Teilnehmerinnen einig - wird für die Frauenforschung auch künftig nicht viel zu erreichen sein. Wie wenig Frauenforschung zur Zeit ernst genommen wird, wurde auf der Tagung nicht zuletzt dadurch deutlich, daß die ausdrücklich geladenen VertreterInnen der bedeutendsten Förderinstitutionen, DFG und VW-Stiftung, kein Interesse an der Teilnahme gezeigt hatten.

Frauke Langguth

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