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Politisches Ablenkungsmanöver

■ Albrecht will NDR-Staatsvertrag kündigen / Reaktionen

Hannover (dpa/taz) - Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hält die Ankündigung des niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht, er wolle gegebenenfalls den NDR-Staatsvertrag kündigen, für abenteuerlich. Albrecht müsse sich fragen lassen, ob er sich im Hinblick auf das beantragte Mißtrauensvotum ein Feld für seine politische Profilierung gesucht habe. Es liege die Vermutung nahe, daß hier ein politisches Ablenkungsmanöver zur Vertuschung hausgemachter Probleme vollführt werde.

Der niedersächsische Ministerpräsident hatte letzte Woche bekannt gegeben, daß er darüber nachdenkt, den mit Hamburg und Schleswig-Holstein geschlossenen Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk fristgerecht zu kündigen.

Grund für die Überlegungen sei, daß viel zu wenig aus NDR -Aufträgen nach Niedersachsen zurückfließe, obwohl die Drei -Länder-Anstalt aus Niedersachsen 60 Prozent ihres Gebührenaufkommens erhalte.

Albrecht betonte, der NDR habe in Niedersachsen zwar ein paar Firmen gegründet; aber es komme nicht auf den Briefkopf oder das Türschild an, sondern auf die Aktivitäten, die dahinter stehen. Der NDR zeige keine Bereitschaft, sich anzustrengen, um auf die Notwendigkeiten des größten Partnerlandes einzugehen.

Die mitregierenden Freidemokraten halten demgegenüber eine Kündigung des NDR-Staatsvertrages nicht für ein geeignetes Instrument, um die Anliegen Niedersachsens durchzusetzen. Wie ein FDP-Sprecher am Samstag abend in Hannover mitteilte, hat sich der Landesvorstand „unmißverständlich gegen eine Kündigung ausgesprochen“. Angesichts der Bemühungen, mehr Gemeinsamkeiten zwischen den norddeutschen Bundesländern herzustellen, dürfe der NDR als Drei-Länder-Anstalt nicht ohne Not aufgegeben werden.

Der Landesverband der FDP hob allerdings hervor, daß der NDR verstärkt in Niedersachsen Programme produzieren müsse, damit die rund 400 Millionen Mark an Gebührenaufkommen aus Niedersachsen angemessen wieder ins Land zurückfließen.

Björn Engholm, der schleswig-holsteinische Ministerpräsident, bezweifelt die Ernsthaftigkeit des Vorstoßes. Die drei Regierungschefs aus Hannover, Hamburg und Kiel hätten erst vor wenigen Tagen zusammengesessen. „Da wäre ja die fairste und anständigste Gelegenheit gewesen, so etwas zu äußern. Das hat nicht stattgefunden“, sagte Engholm.

Scharf reagierte auch Hamburgs Bürgermeister Henning Voscherau, der sich besorgt um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die Meinungsfreiheit zeigte, selbst der Hamburger CDU-Oppositionsführer Hartmut Perschau warnte, eine Auflösung der Dreiländeranstalt brächte letztlich für alle Beteiligten nur Nachteile.

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