: Daimler will die Wurst
Aufsichtsrat gibt grünes Licht für den Einstieg bei MBB Teures Kompromißangebot zur Finanzierung der Airbus-Verluste ■ Von Dietmar Bartz
Berlin (taz) - Daimler wird beim Luft- und Raumfahrtkonzern Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) einsteigen. Am Mittwoch hat der Daimler-Aufsichtsrat dem Vorstand grünes Licht für die Abschlußverhandlungen mit Bund und Ländern gegeben. Die noch offenen Einzelfragen sollen „so zügig wie möglich“ geklärt werden, hieß es in einer Presseerklärung des Unternehmens.
Alfred Herrhausen, Chef der Deutschen Bank und Vorsitzender im Aufsichtsrat des Automobilbauers, nannte zwei Bedingungen für die endgültige Zustimmung zum Einstieg bei MBB: Erstens dürften nur die MBB-Gewinne aus dem Bau von Militärflugzeugen mit den Verlusten aus der Airbus -Produktion verrechnet werden, nicht aber generell alle Gewinne aus dem MBB-Rüstungsgeschäft.
Zweitens müsse verhindert werden, daß die Bundesländer, die bislang an MBB beteiligt waren, bei der neuen Holding „Deutsche Aerospace“ irgendwelche Sonderrechte erhalten.
Daimler-Chef Edzard Reuter kündigte an, „daß nun auch das Kartellverfahren eingeleitet werden kann.“
Die Abstimmung endete mit 11:9. Alle Arbeitnehmer im Aufsichtsrat stimmten damit gegen den Beschluß. Franz Steinkühler, Chef der IG-Metall, begründete die Ablehnung mit der schieren Größe des entstehenden Konzerns, an dem in Zukunft kein Politiker mehr vorbeikomme. Der neue Riese werde zwangsläufig den größten Teil aller Rüstungsaufträge auf sich konzentrieren. Außerdem befürchten die Gewerkschafter den Abbau von Arbeitsplätzen im traditionellen Sektor Autobau. Daimler-Benz steigt über eine Kapitalaufstockung bei MBB ein, deren Kosten Reuter auf etwa eine Milliarde Mark bezifferte. So wird der letzte Streit über die Fusion noch einmal über die Gewinnverrechnung beginnen; der Herrhausen-Vorschlag würde bedeuten, daß Daimler weniger zur Finanzierung der Airbus-Verluste beiträgt als von der Bundesregierung beschlossen. Noch am Mittwoch hatte FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff im „Handelsblatt“ eine Verrechnung aller Rüstungsgewinne mit den Airbus-Verlusten gefordert. Der Wirtschaftsgraf äußerte, daß Daimler MBB schlucken wolle „wie des Nachbarn Fifi die Wurst“. Erich Riedl (CSU), Koordinator für die Luftfahrt, wertete die Entscheidung des Aufsichtsrates als „Meilenstein zur Neustrukturierung der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie.“
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