: Nur DGB noch steuertreu
■ Finanzamt verlangt „Kontrollmitteilungen“ über Honorarzahlungen, kriegt aber immer weniger / Von Radio Bremen, und Angestelltenkammer droht keine Gefahr
Honorarkräfte haben jetzt gute Chancen, ihre Einkünfte vor dem Finanzamt zu retten. Nur noch die Hälfte der öffentlich -rechtlichen Radios meldet ihre Honorarzahlungen an das Finanzamt. Auch Radio Bremen hat diesvor zwei Jahren eingestellt, nicht nur wegen datenrrechtlicher Bedenken, sondern auch wegen des enormen Arbeitsaufwandes, wie der Leiter der Honorarabteilung sagte. Beim Weserkurier und den Bremer Nachrichten empfand man die Frage nach den Kontrollmitteilungen als Zumutung: „Das geht das Finanzamt nichts an.“ Auch bei der taz sieht man das so. Von der Angestelltenkammer, dem größten Bremer Weiterbindungsträger, der viele Honorarkräfte beschäftigt, hat das Finanzamt schon 1984 solche Kontrollmitteilungen verlangt. Doch die Kammer ließ sich vom Daten
schutzbeauftragten belehren: „Das dürfen Sie nicht.“
Aktuell wurde die rechtlose Verwaltungspraxis, als ein Dozent der Volkshochschule (VHS) sich beim Datenschutzbeauftragten beschwerte. (s. taz vom 19.12.) Die Senatskommission für das Personalwesen (SKP), die für die VHS Honorare und Gehälter auszahlt, hatte das Finanzamt über die Einkünfte des Dozenten informiert. Die Datenschützer wiesen die SKP auf die Rechtlosigkeit ihres Tuns hin. Seitdem verzichtet die SKP auf die Kontrollmitteilungen.
Bei der Bildungsvereinigung Arbeit und Leben guckt das Finanzamt ab sofort in die Röhre. Für das abgelaufene Jahr bekommt es keine Kontrollmitteilungen mehr zu sehen. Beim Arbeiterbildungszentrum der Arbeiterkammer, hat gerade das
Umdenken angefangen.Allein das Berufsfortbildungserk des DGB war eisenhart. „Wenn das immer so gemacht wurde, dann wird es auch weiterhin so gemacht werden“, so Geschäftsführer Egon Brinkmann gestern.
Schon 1982 hatten die Datenschutzbeauftragten der Länder gemeinsam festgestellt, daß es für diese Kontrollmitteilungen keine Rechtsgrundlage gibt. Die Auskunftspflicht ist zwar in der Bundesabgabenordnung (§ 93a) vorgesehen. Aber erst, wenn es eine Rechtsverordnung der Bundesregierung gibt, können Behörden und Rundfunksender dazu verpflichtet werden. Die steht noch aus. Wenn sie erlassen worden ist, wird überprüft werden, ob sie den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes und dem Grundrecht auf „informationelle Selbstbestimmung“ entspricht.
Ganz sicher vor dem Fiskus sind die Honorarkräfte aber nicht. Wenn die Beamten bei einer Finanzprüfung die Honorarzahlungen zum Beispiel der Angestelltenkammer durchgehen, können sie bei jeder beliebigen Zahlung nachsehen, ob der Empfänger sie auch versteuert hat.
Die Bremer Finanzbehörde war an den Gesprächen zwischen der Datenschutzbehörde und der SKP nicht beteiligt. Überraschend meldete sich vorgestern Finanzsenator Grobecker zu Wort und versuchte ohne Rücksprache mit dem Datenschutzbeauftagten Alfred Büllesbach, dessen Stellungnahme zu korrigieren. Der Datenschutzbeauftragte habe „das bisherige Verfahren keinesfalls gerügt“, heißt es in einer Mitteilung von Finanzsenator Claus Grobecker. Büllesbach dazu: „Das ist der Gipfel“.
mw
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