: „Frauen müssen selbst entscheiden“
Die Weddinger Frauenbeauftragte Monika Weynert will unter den bestehenden Bedingungen nicht mehr weiter in ihrem Amt bleiben / Eklat mit Bürgermeister Spiller ■ I N T E R V I E W
Zum Eklat mit Bürgermeister Jörg Spiller (SPD) kam es, als dieser seine Zustimmung zu dem Tätigkeitsbericht der Frauenbeauftragten verweigerte. Monika Weynert lehnte es daraufhin ab, den angebotenen Vertrag für eine Weiterbeschäftigung ab Januar '89 zu unterschreiben. Damit muß der Bezirk Wedding vorerst ohne Frauenbeauftragte auskommen.
taz: Frau Weynert, Sie haben fast anderhalb Jahre als Frauenbeauftragte gearbeitet. Warum haben Sie jetzt das Handtuch geworfen?
Monika Weynert: Es gibt zwei Knackpunkte: zum einem geht es um meinen Tätigkeitsbericht, zum anderen um den Beirat für Frauenfragen, den wir im Bezirk Wedding einrichten wollen. Wenn ein Tätigkeitsbericht, so wie ihn die Frauenbeauftragte geschrieben hat, nicht durchgeht, empfinde ich das als Zensur. Zum Beirat für Frauenfragen kann ich sagen, daß ein Konzept, das solange von den Frauen ausgearbeitet wurde, auch so übernommen werden sollte.
Was ist denn an ihrem Bericht konkret beanstandet worden?
Das war eine ganze Reihe von Punkten. Generell ist der Bürgermeister der Ansicht, daß in einem Bericht einer Verwaltungsangestellten die eigene Verwaltung nicht kritisiert werden darf. Aber wenn ich als Frauenbeauftragte Schwachstellen aufzeigen soll, muß ich sagen können, wo etwas schiefläuft. Ich habe zum Beispiel kritisiert, daß die Sachleistungen für schwangere Sozialhilfeempfängerinnen so spät kommen. Aber mir ging es nicht nur um einzelne Frauen, sondern ich habe immer versucht, Anregungen zu geben, wie die Abläufe im Sozialamt reibungsloser gehandhabt werden könnten.
Und was wollten Sie mit dem Frauenbeirat erreichen?
Ich denke, eine Frauenbeauftragte pro Bezirk, das kann doch nicht alles gewesen sein. Ich will aus dieser Einzelkämpferinnen-Position heraus, und ein Beirat ist ein gutes Mittel, um Frauenpolitik zu machen. Wir hatten acht Frauen aus Projekten für den Beirat vorgesehen und Frauen aus den verschiedenen Fraktionen der Bezirksverordnetenversammlung. Ich selbst wollte Mitglied sein. Das hat der Bürgermeister abgelehnt.
Sind Ihre Probleme nicht struktureller Art? Es gibt ja seit langem Kritik an der Kompetenzlosigkeit der Frauenbeauftragten.
Auf jeden Fall. Ich denke, meine Kolleginnen und ich, wir haben alle ähnliche Probleme. So wird uns kein Öffentlichkeitsrecht zugestanden. In einigen Bezirken wird das zwar lockerer gehandhabt, aber solange es kein verbrieftes Recht ist, können immer wieder Schwierigkeiten auftauchen.
Unter welchen Bedingungen könnten Sie sich vorstellen weiterzuarbeiten?
Zum einem muß der Tätigkeitsbericht so durchgehen, wie ich ihn geschrieben habe. Es geht auf keinen Fall, daß ich ihn umschreibe. Zum anderen muß das Konzept des Frauenbeirats in seiner jetzigen Form übernommen werden. Erstens muß ich Mitglied sein können. Zweitens müssen die Frauen in den Ausschüssen des Bezirks eine Rederecht erhalten, und zwar zu allen Themen. Ich denke, die Frauen müssen selbst entscheiden, wozu sie sprechen möchten. Es geht nicht, daß jemand anderes darüber bestimmt, welches die frauenrelevanten Themen sind.
Interview: Helga Lukoschat
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen