: „Es gibt zwei SFBs“
Hans-Georg Berthold, SFB-Hauptabteilungsleiter Kultur im Hörfunk, zum Offenen Brief an den Rundfunkrat ■ I N T E R V I E W
taz: Was hat Sie dazu veranlaßt, sich als Mitunterzeichner des Briefs jetzt mit deutlicher Kritik in die Auseinandersetzung um die Krise des SFB einzuschalten?
Berthold: Der Anlaß war die immerwährende, Wochen und Monate andauernde, auch öffentliche Diskussion um die Vorgänge in der Geschäftsleitung zwischen Rundfunkrat und Intendanz. Das wurde diskutiert in einer Runde der Hauptabteilungsleiter, die dann zu dem Ergebnis kamen, es muß auch von unserer Seite möglich sein, die Sorgen zu artikulieren, die in den Programmbereichen bestehen. Ein Offener Brief deshalb, weil in der Öffentlichkeit über die Vorgänge berichtet wurde. Es war ja nun deutlich, daß dieser Intendant nicht länger amtieren wird. Es sollte darauf aufmerksam gemacht werden, nach zwei ehrenwerten, aber vergeblichen Versuchen des Rundfunkrates, die Geschäftsleitung zu besetzen, daß wir eigentlich das Recht und den Anspruch haben, dazu mal gehört zu werden.
In dem Brief kritisieren Sie auch den Rundfunkrat. Inwiefern hat er zur SFB-Krise beigetragen?
Mich würde interessieren, wo Sie diese Kritik herauslesen. Denn es hat Konsens bestanden zwischen den Hauptabteilungsleitern, daß es nicht weiterhilft, wenn wir jetzt Schuldzuweisungen erteilen, sei es gegenüber dem Intendanten, sei es gegenüber dem Gremium. Das bringt uns nicht weiter. Konstatiert wird lediglich: Beendet bitte diese unerträgliche Situation, fair, aber schnell. Und dann laßt uns gemeinsam eine bessere Zusammenarbeit suchen, wir stehen zu Gesprächen bereit. Eine Kritik oder gar Schuldzuweisung ist nicht formuliert.
Von Schuldzuweisung spricht der Rundfunkrat. Warum, meinen Sie, reagiert er so heftig auf Ihren Brief?
Die Reaktion kam für mich und die beteiligten Kollegen völlig überraschend. Es war überhaupt nicht unsere Intention, Schuldzuweisungen zu machen, sondern eine Zukunftsperspektive zu eröffnen. Die Reaktion des Rundfunkrates kann ich mir ehrlich nicht erklären.
Welche Auswege sehen Sie aus der Krise, nachdem deutlich geworden ist, daß dies nicht allein an der persönlichen Inkompetenz eines Intendanten liegt?
Das ist wahnsinnig schwer zu sagen. Die Auswahl eines neuen Intendanten hat der Rundfunkrat zu treffen. Unser Begehren ist, den Sachverstand der Programm-Mitarbeiter und die alltäglichen Probleme dem Rundfunkrat mal erläutern zu können, bevor eine solche Auswahl getroffen wird. Es gibt im Grunde zwei SFBs, die eine Seite, die das Programm tagtäglich mit ungeheurer Motivation macht, und auf der anderen Seite, das, was das Bild trübt, die Ebene der Geschäftsführung.
Stellen Sie sich für den neuen Intendanten eine Berliner oder eine auswärtige Lösung vor?
Das ist kaum zu beantworten, ich habe darauf ja auch keinen Einfluß. Es müßte jemand sein, der nicht ganz fremd in diese Stadt kommt, muß ein Medienfachmann sein und muß vor allem ein Manager mit einer gewissen kulturellen und Programmsensibilität sein. Das ist nicht einfach, aber deshalb muß um so sorgfältiger gesucht werden.
Nochmal, eine Berliner oder eine auswärtige Lösung? Im Gespräch ist u.a. Frau Wicchatzek, derzeitige Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses.
Ich würde eine Berliner Lösung bevorzugen, weil der Lernprozeß dadurch kürzer wird. Zu den Berliner Kandidaten, die jetzt im Gespräch sind, möchte ich mich nicht äußern. Ich will keine Personen bewerten.
Interview: bim
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