: SFB-Mitarbeiter machen Rundfunkrat Dampf
■ SFB-Intendant geht jetzt definitiv zum 1.März 1989 / Offener Brief leitender Mitarbeiter: Grenze der Belastbarkeit erreicht / Rundfunkrat an der Krise mitschuldig
In die Auseinandersetzung um den Rücktritt des Intendanten haben sich jetzt leitende Mitarbeiter des SFB eingemischt und den Rundfunkrat für die Krise des Senders mitverantwortlich gemacht. In nichtöffentlicher Sitzung hatte sich zuvor der Rundfunkrat auf einen Auflösungsvertrag mit dem Intendanten Herrmann verständigt. Danach wird Herrmann zum 1.März 1989 den Sender verlassen und für das kommende Jahr noch das volle Dienstgehalt in Höhe von 270.000 Mark erhalten. Ab 1990 soll er ein Ruhegeld von 60 Prozent seines jetzigen Gehaltes beziehen.
Wie von einigen Rundfunkratsmitgliedern gefordert, wird es damit aber keine Vetragslösung zum Anfang nächsten Jahres geben. Diese Möglichkeit, so Rundfunkratsmitglied Prinz, habe sich aus Gründen der Terminknappheit jedenfalls nicht gestellt. Der 57jährige Herrmann, der nun als zweiter SFB -Intendant vorzeitig aus dem Amt scheidet, erklärte, er sei „tief traurig“, weil der SFB nicht so weitergeführt werden könne, wie er sich das vorgestellt habe.
Mit einem Offenen Brief haben unterdessen 23 leitende Mitarbeiter des Senders Staub aufgewirbelt. Sie appellieren an den Rundfunkrat, die aktuelle Intendantenkrise fair, aber schnellstmöglich zu beenden. Die Grenzen der Belastbarkeit seien erreicht. Der Intendantenposten müsse mit einer „fachkompetenten Person besetzt werden, und der Rundfunkrat solle sich künftig auf die vom Gesetz vorgegebenen Aufgaben beschränken.
Dieses Aufsichtsgremium hat nach Meinung der SFB -Mitarbeiter mit zur Krise des Senders beigetragen. Unter anderem heißt es in dem Brief, der Rundfunkrat habe innerhalb weniger Jahre bei der Besetzung des Intendantenpostens Entscheidungen getroffen, die sich nach relativ kurzer Zeit aus seiner Sicht als Fehlentscheidung erwiesen hätten.
Auf einer außerordentlichen Personalversammlung unterstützten die SFB-Beschäftigten den Appell der leitenden Mitarbeiter. Der Rundfunkrat reagierte dagegen mit Empörung auf den Brief und wies die Schuldzuweisungen zurück. Eine Klarstellung wird besonders von den SFB-Direktoren erwartet, die den Brief mit unterschrieben haben. Unterzeichner waren u.a. Mitglieder der Geschäftsleitung sowie der stellvertretende Intendant Wolfgang Seifert und der SFB -Justitiar Wolfgang Mittas.
taz/dpa
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