: Der saubere Fürst Otto
Der NTG-Besitzer und Nachkomme einer alten Dynastie hängt beim Atomskandal mit drin / Sein Bruder ist in der Deutsch-südafrikanischen Gesellschaft aktiv / Schwarz-Schilling ist Freund des Hauses ■ P O R T R A I T
Der Mann heißt Fürst Otto zu Ysenburg und Büdingen. Schlimmer als sein Name sind die Geschäfte seiner Firma „Neue Technologien GmbH“ (NTG), die neben drei anderen Firmen (es werden täglich mehr) hauptsächlich die illegalen Atomgeschäfte mit Pakistan, Südafrika und Indien abgewickelt hat. Wie jetzt bekannt ist, hat der Fürst eng mit dem Hauptbeschuldigten und Ex-NTG-Geschäftsführer Rudolf Ortmayer zusammengearbeitet. Firmenangehörige der NTG sind überzeugt: er hängt mit drin.
Der Fürst ist ein 84jähriger Greis, der in Nachschlagewerken als „größter Grundbesitzer Hessens“ ausgewiesen ist. Im „Rotbuch„-Band Vogelsberg heißt es: „Der Büdinger Fürst besitzt so viel Land wie die Gesamtfläche der BRD, das meiste davon in Brasilien (erzählt man sich). Seine Hausdame trägt den bürgerlichen Namen Patricia Devereux-Farmer. Sie verdient 800 Mark im Monat und muß ihm dafür noch nach Mitternacht Tee zubereiten.“ Der Fürst hat auch einen Bruder: Ernst Prinz zu Ysenburg. Der war im Gegensatz zu Fürst Otto nicht bei der SS, sondern hat angeblich gegen die Nazis „gepöbelt“, Deutschland verlassen und lange in Afrika gelebt. Heute ist er Vorsitzender des Kreisverbandes der Deutsch-südafrikanischen Gesellschaft Langenselbold und in der CDU schwer aktiv. Nach Auskünften der örtlichen Szene verteidigt er von Schloß Langenselbold aus „die westliche Welt gegen den Kommunismus und hilft in Südafrika die Rohstoffe für den Westen sichern“.
Die taz hatte am 14.9.1985 über die Ysenburgs geschrieben: Die Mitgliedschaft in der Gesellschaft hat „zweierlei Gründe, zum einen, weil die NTG nukleartechnologisches Know -how nach Südafrika transportiert, und zum anderen, weil der Adel schon immer eine Schwäche für den Rassismus hatte.“ Fürst Otto gilt als Milliardär mit großem Einfluß. Sein Vermögen half ihm zum Einstieg bei der NTG. Als die 1968 gegründete Firma Kapitalhilfe brauchte, schickte der hessische Wirtschaftsminister die bettelnden Firmenbesitzer Bals&Hohl zum Fürsten. Ein Jahr später stieg Ysenburg mit einer 20-Prozent-Beteiligung ein, baute seine Anteile aus und wurde in der 70er Jahren Mehrheitsgesellschafter. Wie die 'Offenbach-Post‘ berichtet, drängte der Fürst in einer Nacht-und-Nebel-Aktion Firmengründer Bals aus dessen Firma. Nach zehnjährigem Rechtsstreit bekam Bals vom Bundesgerichtshof zwar formal recht, doch die NTG blieb im Besitz des Fürsten.
Enge Kontakte pflegt das Haus zu Spitzenpolitikern verschiedener Parteien. Der 'Spiegel‘ berichtete 1966, daß der Fürst in seinen Gewächshäusern „Kaffee züchtet“ und mit Hessens Ministerpräsident Zinn „im Walde spazierengeht“. Heute ist sein Favorit Postminister Schwarz-Schilling. Kein Fest im Schloß Büdingen, auf dem der CDU-Minister fehlt.
Während die NTG dunkle Geschäfte mit Pakistan und Südafrika abwickelte, herrschte im Schloß „eine besondere Gesinnung, eine geistig-seelische Haltung, die vor allem dem Adel zugehörig sein sollte“. Dies schrieb Prinz zu Sayn -Wittgenstein-Berleburg über die Ysenburgs. Dennoch: Der Fürst ist ein kluger Mann. Wegen der negativen Assoziation zum Atomsumpf ließ er die frühere „Nuklear Technik GmbH“ vor drei Jahren in „Neue Technologien GmbH“ umtaufen.
Manfred Kriener
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